Bericht vom 12.08.2007; 22.30h – 00.0h
Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 430mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) auf Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 26mm Nagler Typ4 ; 9mm Nagler Typ6, 7mm Nagler Typ6, 5mm Nagler Typ6
Ort: freies Feld nahe Losaurach, 390m üNN
Seeing: 3, später 2


Wetter: morgens nebelig mit niedrigen Wolken, gegen 10.30h mit ersten Wolkenlücken, tags mehr und mehr Sonne, ab 19.00h wolkenlos


Beobachtete Objekte:
Galaxien: NGC6207, NGC4290, NGC4036, NGC4041, NGC4125, NGC4236
Kugelsternhaufen: M13
Planetarische Nebel: 57
Gasnebel: Cygnus


Das Wochenende war (wie meist) zu kurz: Samstags Höhlenexkursion in der fränkischen Schweiz (Zoolithenhöhle), dann Kaminholz in den Schuppen schlichten. Sonntag morgens 60km Radfahren, dann Besuch von meinem Vater bis 18.00h. Als sich dann die Wolken komplett auflösen denke ich: jetzt solltest du spechteln. Es ist fast Neumond und Perseidenstrom-Maximum. Es fehlt etwas am Antrieb, dann raffe ich mich auf. Den 17er Adler packe ich montiert ins Auto, kein Problem, wenn zwei der 3 hinteren Sitze umgelegt werden plus der Beifahrersitz nach vorne gestellt wird. Das „Grempel“ hält sich in Grenzen: Neben Okukoffer und Leitbau-Spechtelstuhl kommt nur der Order mit Kartenausdrucken, ein Klemmbrett + drehbare Sternkarte mit. Schon um 21.00h ist alles verladen, da ist es noch ganz schön hell, nur hellere Sterne leuchten am graublauen Himmel, der im Westen noch einen helleren Streifen aufweist. Um 22.00h – deutlich vor Ende der astronomischen Dämmerung fahre ich los.

Der Einfall den Dobs montiert zu transportieren erweist sich als Schnapsidee. Auf der doch welligen, oftmals schlechten Straßendecke schwingt das Teleskop oft nach oben, der Aluring schlägt ans Autodach. Auf schlägt der Hauptspiegel in waagrechter Lage immer wieder klappernd an die Hochschlagsicherungen. Da lieber etwas länger aufbauen. Beim Aussteigen am gewohnten Platz schlägt mir Bierzeltmusik entgegen. Im Nachbardorf scheint Kirchweih zu sein. So kommt kein richtiges Spechtelfeeling auf. Teleskop rausstellen, umsehen. Bei gegen 20.00h noch völlig klarem Himmel sind nunmehr einige Zirren aufgekommen, überwiegend im Norden. Die Dämmerung ist nun fast abgeschlossen, deutlich sehe ich nach NNO eine Lichtglocke – dort liegt Neustadt/Aisch. Nach OSO etwas niedriger, auf breiterer Front die Lichtverschmutzung des Nürnberger Ballungsraums. Naja, es heißt wieder kleinere Brötchen backen. Zunächst wird der 17er justiert, dann 8*50-Sucher und Rigel eingestellt. Eine Kleinigkeit muss ich noch verbessern: Zur Klemmung gegen Verdrehen der FS-M6-Gewindeachse des Fangspiegels dient eine normale Mutter, wenn die lose wird, braucht es Werkzeug um effektiv klemmen zu können, diese will ich durch eine Flügelmutter ersetzen. Die Justage zeigt ordentliche Interferenzmuster, mit dem Spiegel bin ich zufrieden.

Ich wollte mit der Supernova in NGC4039 beginnen, die Region steht relativ niedrig (kleiner 30 Grad) auch gibt es dort einiges an Dunst, das Programm wird verschoben. Das Band der Milchstraße ist erkennbar, deutlich durch Cygnus (Zenithnah) und Aquila hinab zu Sagittarius. Der SQM kommt erstmals auf heimischem Geläuf zum Einsatz: 20.92 gegen 22.30h. Nach nur 1 Woche ‚Fremdgehen’ muss ich mich erst wieder umstellen, die Sternbilder richtig sortieren. Bootes ist absteigend im Westen, Scorpio tief im Süden. Hoch im Süden Lyra, daneben Herkules. Warum nicht? So peile ich auf

M13 – GC – HER (mag 5,9 – sbr 12,0; 23,2’ * 23,2’)SQM 20,92
Unseren nördlichen Parade-Kugelsternhaufen. Ein Brummer trotz der ca. 25k LJ Distanz. Wunderbare, deutliche Massierung zum GC-Zentrum hin, welches im Sucheroku bei 70-fach noch nicht ganz aufgelöst ist, während die Randbereiche deutlich Außenbereichsterne zeigen. Greife gleich zum 9er (202-fach) und suche mit einen Stern etwas außerhalb zum Feinfokussieren. Dabei stolpere ich über die helle GX NGC6209. Im 9er wirkt M13 wunderbar plastisch, die Außenbereichsterne füllen fast das GF, das Zentrum hebt sich deutlich, dreidimensional wirkend ab. Eine wunderbare Begrüßung. Zur Begleit-GX:

NGC6207 – GX – HER (mag 11,6 – sbr 12,9; 3,0’ * 1,2’)SQM 20,92
Diese deutlich länglich mit hellem, auffälligem Zentralbereich, in einem Feld von 12er bis 15er Vordergrundsternen eingebettet. Im Halo, nahe des Nukleus ein Vordergrundstern, etwa mag 9 erkennbar.

Gleich beim Aufbauen hatte ich erste Sternschnuppen gesehen, welche von O nach W schnell über das Firmament huschten. Einmal 3 gleichzeitig, parallele Streifen ziehend. Später waren auch einige male helle Vertreter mit Rauchspur dabei. Den hellsten habe ich leider verpasst. Gerade blicke ich in die Karte, da blitzt es hell auf. Als ich den Himmel absuche, kann ich hoch im Osten eine wenige Sekunden nachleuchtende Rauchspur identifizieren. Das muss ein ganz schön kräftiger Brocken gewesen sein.

Jetzt, gegen 23.00h werden die Cirren-Streifen weniger. Das Band der Milchstraße zeichnet sich deutlich ab, In einer breiten Region Richtung Schützen durch Staub abgeschwächt. Die hellen Regionen im Schützen fallen zum Großteil dem Dunst zum Opfer. Das SQM zeigt mittlerweile einen Wert von 21,05. Ich versuche die visuelle Grenzgröße im Umin zu bestimmen. Mist, habe keine Grenzgrößenkarte der Region dabei, merke mir gerade noch erkennbare Sterne, die ich nun nachsehe. 24 Umi mit mag 5,8 konnte ich dingfest machen, auf ca. 54 Grad Höhe. Im Zenith sicher mind. 0,2 mag besser.

Von Epsilon UMA will ich mich zur aktuellen Supernova hangeln. Der Stern ist schnell im Rigel eingestellt, im 8*50-Sucher sehe ich nur ein schwaches Fünkchen, keine weiteren Sterne in Gesichtsfeld. Nanu? Verstellt? – Nein: zugetaut! Bis beim Suchernewton der Fangspiegel zutaut braucht es deutlich länger als beim kleinen Refraktor-Sucher. Ich brauche etwas zum frei wischen, suche nach Taschentüchern. Mist – in der frisch angezogenen Hose habe ich keine. An das Autohandschuhfach will ich nicht, da geht die Innenbeleuchtung an. Mit Fließstoff (Shirtärmel) verteile ich die Feuchtigkeit nur, ohne diese zu entfernen. Versuche es mit einem Zipfel vom T-Shirt. Na- besser als nichts, aber nicht viel. Da fällt mir ein: ich hatte noch eine Jacke in den Kofferraum geschmissen, in der Jackentasche ist eine Packung Taschentücher. Problem gelöst, es kann weitergehen. Nun klappt es auch mit dem Starhop. Es sind immerhin fast 10 Grad zu überwinden. Bei

NGC4290 – GX – Uma (mag 11,8 – sbr 13,1; 2,2’ * 1,6’)SQM 21,05
Gibt es einen kurzen Zwischenstopp, eine Standortabsicherung. Ein flüchtiger Blick durchs 26er Oku zeigt einen kleinen, leicht länglichen Schemen mit Zentralaufhellung. Die unmittelbar benachbarte GX NGC4284 hatte ich bei 70-fach übersehen. Man sollte sich mehr Zeit nehmen. Mir saß der folgende Arbeitstag schon im Nacken, dabei ist leider das Genuss-spechteln auf der Strecke geblieben.

Es wurde zügig weitergehoppt. Das Zielgebiet mit

NGC4036 – GX – Uma (mag 10,7 – sbr 12,7; 4,0’ * 1,8’)SQM 21,05
Ist schnell angefahren. Dank relativ hoher Flächenhelligkeit fällt die GX auch sofort auf. Es zeigt sich eine längliche GX, wie ein flachgedrückte Linse die fast waagrecht (von 10h nach 4h) im GF liegt. Links des deutlich helleren Nukleus , minimal oberhalb der Hauptachse im Halo ein merklich heller vermeintlicher Vordergrundstern, in Wirklichkeit eine Supernova. Helligkeitsabschätzung fällt schwer, in der näheren Region ist kein Stern vergleichbarer Helligkeit zu finden. Nun bin ich in der Nachbereitung irritiert: Der Sternenkatalog spricht von einem Vordergrundstern nahe des GX-Zentrums (GSC4154.575 mit mag 7,9), war dies der vermeintliche GX-Nukleus? Wie auch immer, die SN war etwa 1,5 bis 2 Klassen schwächer als ein ca. 8’ entferntes Sternenpaar (um mag11), und merklich heller als ½ Dutzend nahe gelegener 14,5er Sterne. Irgendwo dazwischen, also um mag 13, tendenziell etwas heller.

Nur ¼ Grad separiert, im Ausuchoku gut gemeinsam, im 9er bei 202-fach dann gerade noch so mit beiden in Randnähe

NGC4041 – GX – Uma (mag 11,3 – sbr 13,2; 2,7’ * 2,6’)SQM 21,05
Mit Rundem, flächig hellem Zentralbereich. Hier lasse ich mir etwas mehr Zeit, nehme auch das 7er mit 263-fach. Da ist noch war ‚drumrum’. Nur Blickweise, aber mit Geduld reproduzierbar sehe ich einen blassen Außenhalo, ich meine Spiralarme. Meine Skizze passt zur eben geladenen DSS-Aufnahme . freu! Um die GX,. Fast kreisrund angeordnet mag 13.. mag15 Vordergrundsterne.

Da mein Kartenausdruck noch weitere GXen verzeichnet, hangele ich mich weiter nach oben, hin zu

NGC4125 – GX – Uma (mag 9,7 – sbr 12,9; 6,0’ * 5,1’)SQM 21,05
Einem relativ großen und auch hellen Objekt. Leider offenbaren sich auch im 9er keine Strukturen, das einzig auffällige bei der ovalen, flächig-hellen GX sind Vordergrundsterne: ein Mag10-Stern auf 2h, knapp außerhalb, ein ca. 15er auf 6h auch am Halo-Rand. In der GX selbst 2 grenzwertige Fünkchen.

Ich bin unruhig, ratslos. Am Rande meines Kartenausdrucks, durch diesen abgeschnitten sehe ich eine sehr ausgedehnte GX, mit sehr geringer Flächenhelligkeit, nochmals ca. 4 Grad höher positioniert als NGC4125:

NGC4236 – GX – Uma (mag 9,6 – sbr 15,0; 22,6’ * 6,9’)SQM 21,05
Das exakte Zielgebiet einstellen fällt schwer, da das Objekt in der Ausdruckecke und auch noch abgeschnitten gelegen ist. Im Zielgebiet finde ich eine gute Handvoll schwacher mag 14/15 Vordergrundsterne grob eine Linie bilden. Darum herum ggf. eine sehr blasse Aufhellung, jedoch nicht gesichert. Ich habe diesmal keinen Nerv zum Augen verbiegen und breche den Sichtungsversuch ab.

Mittlerweile ist es deutlich ruhiger geworden. Die Festzeltmusik ist zu ende, nur ab und an weht der Wind Fragmente von gesungenen Stammtischliedern herüber, ab und an vom lauten Waldkäuzchen übertönt. Ich lasse den Blick schweifen. Die Milchstraße ist noch einen Tick deutlicher zu erkennen, für hiesige Verhältnisse eindeutig überdurchschnittlich. Gegen 23.45h sagt das SQM 21,12 (bei Milchstraße im Zenith). Visuell kann ich gerade so HR6088 mit mag 6.0 ausmachen, auf ca. 55 Grad Höhe. Da das Seeing recht gut erscheint, peile ich hoch auf ca. 70 Grad zu

M57 – PN – Lyr (mag 9,4 – sbr 9,3; 1,4’ * 1,0’)SQM 21,12
Ja, gut! Im 26er sehr deutlich als Rauchkringel erkennbar. Ich nehme gleich das 9er, 202-fach. Recht hell und deutlich der Vordergrundstern dicht am Ringnebel, nadelfein. Das Seeing ist wirklich nicht schlecht. Gut sind die gegengleichen, etwas ausgefransten Stellen des Ring-Außenbereichs detektierbar. Im 7er bei 263-fach taucht auch der Zentralstern auf. Nicht direkt-stabil, jedoch indirekt zu ca. 70% zu halten, direkt blickweise. Ab und an meine ich einen zweiten etwas aufgeblasenen Lichtpunkt im Innenbereich zu erkennen, mehr zur Rinngrand, weg vom Vordergrundstern außerhalb, jedocj nicht gesichert. So hoch platziert kommt M57 besser als unter Südhimmel bei knapp 30 Grad Höhe – na also!

Die Zeit schreitet fort, eine Sahneobjekt nehme ich noch mit, den Cirrus-Komplex mit

NGC6992 – GN – Cyg (mag 7,0 – sbr 13,4; 60’ * 8’)SQM 21,12
Und den anderen Bestandteilen. Eingestiegen wird bei dem mit mag 4,2 locker mit bloßen Augen erkennbaren Stern 52 Cyg. Von dort aus sieht man wunderschön eine lange, schmale zerfaserte Nebelfahne nach Norden verlaufend. Gegenleich zu 52Cyg wird der Nebel breiter aufgefächert, die Kontraste geringer. Ich nehme den OIII und genieße. Noch besser gefällt mir der westliche Teil, wie verdrehter, geknitterter, teils ausgefranst, ausgefaserter Tüll-Stoff, oder eben wie strukturreiche Cirrus-Wolken. Die visuell sichtbaren Teile des Cirrusnebels scheinen sich zu einer expandierenden Gaswolke mit etwa 3° scheinbarem Durchmesser zusammenzufügen und sind damit viel zu ausgedehnt, um mit dem 17er überblickt zu werden. Das wäre ein Objekt für den 5-Zoll f4,2-Suchernewton an Ursus – nur der steht zu Hause. Entfernungsangaben zum Objekt schwanken um Werte von 1300 bis 2500 Lichtjahren, vermutlich liegt sie nahe bei 1500 Lichtjahren. Bei dieser Entfernung besitzt der gesamte Nebel einen Durchmesser von etwa 70 Lichtjahren – riesig! Vermutlich handelt es sich um den Rest einer Supernovaexplosion, die sich vor 30.000 bis 40.000 Jahren ereignet hatte.

Nun wird abgebaut, heimgefahren, aufgeräumt. Der Gewichtsvorteil zu Ursus ist deutlich, Tragen überhaupt kein Problem. Um 00.30h geht es ins Bett. Mist! Unser Kaminholz war mit Nesselhaaren des Eichenprozessionsspinners kontaminiert. Samstag auf Sonntag war es noch nicht schlimm, nun juckt es auf an vielen Stellen, vor allem in Arm- und Beinbeugen, am Hals und Nacken. Fenistiltropfen helfen nicht, ebenso wenig Salben. Ich liege im Bett und versuche mich nicht zu kratzen, reibe leicht die juckenden Bereiche. Das lindert etwas, an Schlafen ist jedoch nicht zu denken. Stehe mehrfach auf. Zwischen 03.00h und 04.15h entsteht der Großteil dieses Berichts (der nun in der Mittagspause fertig gestellt wird). Um 06.15h stehe ich endgültig auf, in Summe habe ich weniger als 1h Schlaf gefunden. Der Nachmittag wird schwer werden …

Mein Beobachtungsfazit:
>Auch der heimische Himmel macht wieder spaß!
>man sollte sich immer wieder mal Paradeobjekte gönnen
>der 17er (frisch belegt mit 94% Reflektion) ist eine echte Alternative zum 20er, ich müsste mal direkt vergleichen)

Viele Grüße

Achim
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