Bericht vom 02/03.08.2002; 22.40h – 00.40h

 Ausrüstung: 

Newton-Teleskop , Öffnung 208mm, Brennweite 1631, (f/7,97) – „Long-John“
Dobsonmontierung


 verwendete Okulare:  32mm Plössel (Antares); 25 mm Plössel [TAL]; 18 mm Bertele, 10mm Plössel , 7mm Siebert
Ort: freies Feld, ca. 5 km außerhalb Emskirchen, ca. 390 m üNN

Temperatur: 22.30h 16,9 C; 00.55h 13,4 C
Seeing: 2


Wetter: „Bayrischer Himmel“ weis und blau; abends lösen sich die Wolken auf

 Objekte: (Reihenfolge der Beobachtung):
Kugelsternhaufen (GC): M13, M92
Galaxien (GX): NGC6207
Planetare Nebel (PN): NGC6894
Komet: C2002/O4 Hoenig
Offene Sternhaufen (OC): NGC884, NGC869
Mehrfachsystem: Epsilon Lyra

Heute kam endlich die Lieferung Kaminholz für den Kachelofen: 5 Ster Eiche. Da war der Abend gesichert. Ich war zum schleppen eingeteilt, Silvia zum schlichten. Sven, mein 6jähriger Sohn war mit feuereifer beim Helfen, nicht nur 5 Minuten, 2 Stunden war er schwer am werkeln – ich war richtig stolz auf den Lütten.
Gegen 21.00h stelle ich zuversichtlich LongJohn ins Freie. Im Viertelstundentakt schaue ich aus dem Fenster: mal fast euphorisch, mal bangend – abwechselnd wie die breiten Schleierwolkenbänder, die über den Himmel ziehen. Um 22.30h geht es dann los. Es hat spürbar abgekühlt. Im Wiesengrund bilden sich bodennahe Nebelbänke – fast schon herbstlich.

Vor Ort die gewohnte Routine (nichts vergessen!) Aufbauen, aufstellen, Blick schweifen lassen. Hmm! Sieht gut aus. Tief in ONO noch der Restschein der Sonne, die bürgerliche Dämmerung dürfte vorbei sein, sind lediglich Reste der nautischen (Sonne zwischen 6 und 12 Grad unter dem Horizont ... Hallo Arno!) beeinträchtigen die Dunkelheit. Das Milchstraßenband zeichnet sich bereits ab – von Cassiopeia über Cygnus bis in Sagittarius – vielversprechend. Nur tief im SW und auch im SO Schleierwolkenbänke. Ob es heute etwas mit Markus Thriller wird? Dafür will ich jedoch völlige Dunkelheit abwarten.

Kurzentschlossen beginne ich mit M13; erst zögere ich etwas, machen schwache Objekte dann überhaupt noch spaß? Frage ich mich ... bestimmt,! antworte ich mir selbst! Also los:

 M13  – GC – HER – (m5,9 – sbr12,0 – 23,2*23,2’) GH 5,0
ahhh!!! Mit nunmehr 1 ½ jähriger Routine sofort im Sucher zwischen Eta und Zeta Her erkannt, kurz mit dem 32er Oku im GF zentriert (hier schon gewohnt „angelöst“), dann mit dem 10er bei 163 fach drauf. Juhu!! Gut, sehr gut, besser als meist! Seeing hier oben unerwartet gut! Beim herfahren hatte Antares mir zugefunkelt, da hatte ich schlechteres Seeing erwartet. Erstaunlich – innerhalb weniger Minuten, fast Sekunden kehrt Ruhe und Frieden in mir ein – jetzt merke ich, dass ich angespannt war, diese fällt plötzlich ab. Ich genieße einfach, lasse den GC durchs GF schweben, aufgelöst fast bis ins Zentrum, welches durch myriaden (verflixt, wie schreibt man das?) von z. T. schwachen und schwächsten Lichtpünktchen wie ein leuchtender Reisball wirkt, davor heben sich hellere Außenbereichssterne deutlich ab, ich meine, es sind auch ein paar schwache Vordergrundsterne dabei. Greife zum 7er Siebert – 232fach. Noch besser! Wegen dem deutlich größerem GF wird dieses nur zu ca. 2/3 ausgefüllt. Fokussieren geht dank der Luftruhe wunderbar, es entsteht ein richtig plastischer Eindruck. Und wenn es nur bei diesem Objekt bliebe, das Spechteln hat sich schon gelohnt! – hätte mir dies jemand davor gesagt: neee, währe die Antwort gewesen, M13 hatte ich schon oft, so kann man sich irren!. Sternenlicht ist Balsam für die Seele.

Schon im 32er Oku hatte ich kurz nach

 NGC6207  – GX – HER – (m11,6 – sbr12,9 – 3,0*1,2’) GH 5,4
geschielt, und auch gleich ausgemacht. Nun bespechtele ich diese, nur einen guten M13-Durchmesser entfernte GX ausgiebig. Im meinem Newton etwa auf 9h von M13 aus gelegen. Eine deutlich längliche GX mit ausgesprochen hellem, im Vergleich zum Halo relativ kleinem fast punktförmigen Zentrum. Unterhalb, nahe der GX zwei Sternenfünkchen der 11. Helligkeitsklasse. Selbst im 10mm Oku hebt sich die GX gut vom Hintergrund ab – ein Effekt, über den ich immer noch angenehm überrascht bin – der Unterschied zwischen 6 und 8-Zoll Öffnung. Strukturen kann ich nicht erkennen, der Zentralbereich erscheint nun weniger punktförmig, vielmehr verwaschen, der Übergang zum Hintergrund ist kaum mehr festzumachen ... aber doch eindeutig direkt zu erkennen, bei 163-fach auch relativ groß – gut!

Die Dämmerung ist komplett vorbei; die Milchstraße zeigt deutlich Konturen, längs durch Cygnus teilt sich das von Perseus kommende „Lichtband“, oberhalb breiter werdend fast bis zu Sagittarius hinunter. Gut genug für einen Versuch den Thriller des Monats aufzusuchen.

 NGC6894  – PN – CYG – (m14,4 – sbr11,6 – 0,7*0,6’) GH 5,8
Auch heute steige ich bei 41Cyg ein. Mit Epsilon und 52Cyg bildet dieser Mag 4.0 mit bloßem Auge sichtbare Stern eine gute Anfangsorientierung – sofern man 52Cyg auch im Oku hat! Eine Detaillierte Ciel-Aufsuchkarte lässt mich meinen ersten Irrtum (war bei 39 Cyg) erkennen. 39Cyg wäre sogar einen Tick näher, doch mit weniger markanten Sternengruppe zum entlang hangeln dazwischen. Mit dem 32er Oku steht mir effektiv 1 Grad GF zur Verfügung, ca. 3 habe ich zu überbrücken, nicht allzu viel, doch es bedarf höchster Aufmerksamkeit. Nur lichtschwache Gruppen vor einem an Sternen sehr reichen Hintergrund, da verläuft man sich blitzschnell. Nach fast 10 Min mit sicherlich 10maligem in die Karte sehen bin ich in der Zielregion. Noch zweimal nachsehen, dann geht der Blick auf die exakte Position. Ja? – Ja! Zunächst Indirekt, dann direkt bei 51-fach! Relativ groß für einen PN. Das bisschen Helligkeit verteilt sich auf eine relativ große Fläche. Da reicht das Rotlicht der abgeklebten Diondenlampe, um die Adaption für einige 10 Sekunden stark zu beeinträchtigen. In 25er Tal: ist der PN zum Zentrum hin nicht blasser? 10er Oku: Mist, wo bin ich? Habe den PN verloren, kurz zurück zum 32er, neuer Versuch. Halte mich an zwei Sterne 10. Helligkeit, die in nur ca. 10’ Entfernung auf 1h vom PN aus gesehen stehen. Ja, die habe ich im 10er Oku, nun weiter runter ... ja, ein hauchzarter Kringel?, doch, Kringel! Bin mir 95% sicher, dass der PN in der inneren Region einen Helligkeits-( sofern man da überhaupt von solcher sprechen kann)abfall aufweist.

Also schon wieder ein Erfolgserlebnis. Bestimme mit Grenzgrößenkarte die Helligkeit in Lyra; das Sternbild steht recht Zenitnah: Mag 5.8 – gut, fast Sehr gut für meinen Standort. Nur 3,4 Nächte im Jahr sind noch besser (soweit ich dies mit 18 Monaten Erfahrung beurteilen kann).

Nun geht es auf Kometenjagd. Doch mit einigen Handicaps. Seit einigen Monaten ist das Kofferraumlicht im 10jahre alten Astra-Combi defekt. Ich nutze dies und bewahre meine Utensilien im geöffneten Kofferraum auf, da kann man sich auch gut hinsetzen. Plötzlich geht das Licht wieder an ... man, das stört! Ich brauche den Platz aber. Fummele die ganze Lampe heraus, will die Birne rausnehmen – geht nicht. Schließlich ziehe ich den Stecker ab – geschafft. Habe einige Sekunden direkt auf die helle Glühlampe sehen müssen. Adaption mehr als beim Teufel; ich sehe rechts einen permanenten dunklen Fleck, voll geblendet. Es dauert gut 10min, bis ich meine Startregion, Alpa Lacerta ausmachen kann. Davor hatte ich es mehrfach versucht, grob zwischen Cygnus, und Cassiopeia, überhalb von Pegasus. War aber so geblendet, dass das schwache Sternbild Lacerta nicht ausmachen konnte.
Habe ein 6-Grad Starhop vor mir, ohne markante Sterne. Naja, beim Thriller konnte ich üben. Nach gut 10min habe ich mich in die Zielregion gehoppt – Grrr! Bin zum Standpunkt am 03.08. 23.00h gefahren, 1 Tag zu weit! Etwas ungeduldig will ich die Reststrecke schnell überwinden – und „verlaufe mich“; esbleibt nichts übrig: zurück zu Start (keine 4000 DM einziehen). Schleierwolken ziehen von SO her auf, stehen schon etwa 70 Grad hoch und gemahnen zur Eile. Beim 2. Anlauf komme ich schneller voran, Nein!! Ein Auto kürzt über meinen Feldweg ab, das erste mal seit sicherlich 6 Monaten. Ich stehe mitten im Weg! Teleskop zur Seite tragen. Einstellung futsch, Adaption hinüber! Nicht ganz so schlimm wie von der Innenbeleuchtung, trotzdem ärgerlich. 3. Anlauf: „nur“ etwa 5 Min später über eine teilweise andere Route und: BINGO!

 C2002/O4 Hoenig  – Komet – LAC? – (m9,5? – sbr12,5? – 20*30) GH 5,8
mein 3. Komet. Deutlich, viel deutlicher als erwartet. Ein relativ großer (ca. 8’) heller Zentralbereich, umgeben von einem ausgedehnten Halo. Schweif? Nicht als solcher erkennbar, vielmehr eher ein rundlicher Halo. Der „Kern“ deutlich außerhalb des Zentrums, nach links unten versetzt. Nach einigen Minuten vielleicht doch ein Schweif-Ansatz über den Halo hinaus, Richtung 2h. Der Komet erscheint mir ausgedehnter als M13! Zunächst mit 32er, dann 18er, sogar im 10er Oku ist der Nukelus noch vor dem Hintergrund auszumachen. Schätze die vis. Helligkeit über Mag 10, die Flächenhelligkeit etwa auf 12.5 – Definitiv ein lohnenswertes Objekt auch mit 6 Zoll, sicherlich bereits mit 4 Zoll und etwas Erfahrung auszumachen. Für mich schon heute besser als C2001/Linear letztes Jahr, mit Ikeya-Zang aber bei weitem (noch?) nicht vergleichbar. Trotzdem, bin hochzufrieden und angenehm überrascht!

Das Bild wird flau – Mist, Schleier haben mich eingeholt, teilweise zarte Bänder, teils aber auch massiert. S und SW ist komplett dicht! Verweile noch 10min beim Kometen, der unbeirrt und erstaunlich schnell seine Bahn zieht. Zunächst noch deutlich von einem Mag 10 Fordergrundstern entfernt, näherte er sich diesem merklich.

Bin noch richtig munter, ein bisschen aufgekratzt, will noch nicht aufhören. N ist noch relativ frei, da kommt mir

 NGC884  – OC – PER – (m6,1 – sbr13,2 – 30*30) GH 5,2
 NGC869  – OC – PER – (m5,3 – sbr12,4 – 30*30) GH 5,2
gerade recht. Jaaa! Noch ein Highlight, heute werde ich verwöhnt. Knackscharf stehen die Sterne im GF, eine Pracht. Vor allem NGC869 hat es mir angetan. Nahe des Zentrums ein deutlich heller Stern etwa Mag 6, gelblicher Farbton (Spektralklasse B0); darüber halbkreisförmig angeordnet 4, 5 Sterne der 9. bis 10. Helligkeitsklasse mit ähnlichem Farbton. Diese Gruppe fällt deutlich auf, da die meisten anderen Sterne dieses OC einen mehr weislichen Farbcharakter aufweisen.
NGC884 – auch sehr schön anzusehen, ein etwas höherer Anteil kräftigerer Sterne, diese mehr über die ganze Fläche verteilt, darunter mehrere Vertreter mit niedrigerer Farbtemperatur. Zusammen einfach ein wunderbares Paar an GC.

Tja, das hat den Appetit nicht gestillt, vielmehr angestachelt. Die Wolken lassen aber kaum mehr etwas zu. Schleier und hoher Dunst nun fast überall, GH ist meist nur noch Mag4. Ein DS? Ja!

 Epsilon Lyra  4fach; [m4,6 [m 5,2 – m 5,5; 2,4“] – m4,7[m5,0 – m6,1]; 209,0“]
Schon im Sucher die beiden Doppelsternpaare zu sehen, diese jedoch noch längst nicht getrennt. Mit 32er Oku zentrieren, dann 10er rein. Klar in 4 Sterne separiert, da möchte man Stöckchen zwischendurch schmeißen, gewohnt schön der Kontrast: die Pärchen stehen fast exakt 90 Grad zueinander versetzt ausgerichtet. Allesamt gleiche, weisliche Farbe, ähnlich hell.

Da! Eine Lücke im Herkules. Der Kreis schließt sich, nicht mit M13, sondern mit

 M92  – GC – HER – (m6,5 – sbr11,0 – 11,2*11,2’) GH 4,8
Halb so groß wie erstgenannter, viel seltener besucht, aber nicht schlechter! Nur leidet der GC zunächst an leichter, später an stärkerer Nebula-Influenca, welche dem Teint etwas abträglich ist. Trotzdem: bei 51 granulär mit 3, 4 separierten Sternenfünkchen (Vordergrundsterne), bei 163 fach teilweise aufgelöst. Schneller Anstieg der Sternedichte vom Rand zu Zentrum hin, recht hell!
Der Vorhang geht zu – die Vorstellung ist für diese Nacht vorbei. Baue ab und rekapituliere in Gedanken die schöne Inszenierung. Zum Abschied leuchtet mir die direkt über dem Horizont auftauchende Mondsichel durch; Gevatter Mond hatte sich noch eine Lücke ausgesucht.
Beste Grüße von


Achim                                              > zurück zur Beobachtungsübersicht

... der trotz weniger Objekte und Handicaps die Nacht genossen hat!