Bericht vom 02/03.09.2002; 22.20h – 01.40h

Ausrüstung:

Newton-Teleskop , Öffnung 208mm, Brennweite 1631, (f/7,97) – „Long-John“
Dobsonmontierung


verwendete Okulare: 32mm Plössel (Antares); 25 mm Plössel [TAL]; 17,9mm Bertele, 10mm Plössel , 7mm Siebert
Ort: freies Feld, ca. 5 km außerhalb Emskirchen, ca. 390 m üNN

Temperatur: 22.10h 15,2 C; 01.50h 10,2 C
Seeing: 3

Wetter: klar und wolkenlos, ab 12.00h lockere Bewölkung, 19.00h fast bedeckt, ab 21.30h wieder klar

Objekte: (Reihenfolge der Beobachtung):

Kugelsternhaufen (GC): M71, M15
Galaxien (GX): NGC5204, NGC5218, NGC7331, NGC7315, NGC7320, NGC7319, NGC7318A,
Planetare Nebel (PN): M27, NGC7293, M76
Kometen: C2002 O4 (Hoenig)
Planeten: Uranus, Neptun, Saturn

Wettermäßig zunächst positiv gestimmt durchlaufe ich ein Wechselbad der Gefühle. Sehr windig, relativ kühl aber klar den ganzen Tag - vielversprechend für eine gute Spechtelnacht. Dann zieht es fast komplett mit Schäfchenwolken zu – gibt einen toll bunten Sonnenuntergang, als diese durch eine Lücke von unten angestrahlt werden - über gelb/orange Richtung W bist purpur/lila Richtung O – den ich kaum genießen kann, habe angst um die Spechtelung. Trotzdem wird LongJohn zum temperieren rausgestellt. Tatsächlich, ab 21.30h wieder klar!

Am Spechtelplatz schnell aufbauen. Der Wind ist schwächer geworden, doch zieht es immer noch etwas. Gut das eine Übergangsjacke dabei ist, die langen Strümpfe erweisen sich später als notwendig. Habe den selbstgebastelten Okularhalter vergessen, da werden die Okus in der Jackentasche geparkt. Blick nach oben ... WOW!! Klar, viel klarer als die letzten Nächte, deutlich das Milchstraßenband vom oberen Perseus über Cassiopeia, Cepheus und Cygnus quer über den Himmel. Nur im S noch eine Zone von Schleierwolken; Sagittarius ist verhüllt. Ermittele die GH in der zenithnahen Lyra: ca. Mag 5,8 bis Mag6!
Oberhalb von Altair im Aquila ist deutlich Sagitta, das Sternbild Pfeil erkennbar, dort beginne ich die Spechtelnacht mit

M71 – GC – SGE – (mag 8,3 – mag 12,0; 6,1*6,1); GH 5,6
Wegen sternenreichem Hintergrund per Starhop nicht einfach anzusteuern, heute gut im Sucher fast auf halber Strecke zwischen Delta und Gamma SGE erkennbar. Im 32er Oku ein deutlicher nebeliger Fleck, bereits leicht granulär. 25er Oku, dann 10er... nun deutlich gesprenkelt. Seeing ist mäßig, höhere Vergrößerung wäre unsinnig. Unregelmäßige Form des GC, schwierig abgrenzbar, was noch Außenbereichssterne und was schon schwächste Vordergrundsterne sind. Am Halorand auf 3h ein Sternchen 10. Klasse. Bei M71 streiten sich die Experten, ob GC oder nicht doch OC. Für mich heute mehr zur GC-Klasse zuzuordnen, sehr sternreich!

Nur knapp 6 Grad nördlich, bereits in Vulpecula geht es zu

M27 – PN – VUL – (mag 7,3 – 11,2; 8,0*5,7); GH 5,7
Ebenfalls deutlich im Sucher. Wow! Doppelwow! Heller als erwartet, habe noch den Anblick durch NaTALia, den 6-Zoll-Newton, im Gedächtnis; 8-Zoll bietet doch spürbar mehr. Auf den ersten Blick wirkt der PN wie ein rundum angeknabberter Apfel. Betrachte erst im 32er, ohne und mit UHC, schließlich 10er (163fach) mit UHC. „Hantelachse“ verläuft von 2h nach 8h. Erkenne 5 oder 6 Vordergrundsterne, davon ein hellerer etwa auf 1h am oberen Halorand. UHC ist ein echter Gewinn – damit treten deutlich die „Ohren“ hervor. Mit Muße und etwas Zeit offenbaren diese zarte Bögen oder Bänder mit helligkeitsunterschieden – einfach schön.

Will nun in Umin die GH bestimmen, dabei sehe ich eine 3er-Formation Satelliten durch das Sternbild wandern, bilden ein regelmäßiges, stumpfwinkliges Dreieck welches grob Richtung O den Umin-Kasten durchwandert. Abstand der Satelliten jeweils eine gute Daumenbreite. So etwas hatte ich noch nie beobachtet!; ach ja: GH dort mind. Mag 5.8!

Nun soll Hoenig wieder besucht werden. Ausgehend von Mirzar in Uma beginnt der Starhop. Auf dem Weg zu Hoenig überquere ich die Position von

NGC5204 - GX - UMA – (mag11,3 – 14,1; 5,0*3,0); GH5,2
Verharre einen Moment, ja? Ja! Mit etwas Geduld dann auch gut direkt, trotz recht geringer Flächenhelligkeit etwas erkennbar. GX etwa von 10h nach 4h elongiert, länglich, sehr blass, keine Zentralaufhellung. Für das 10er Oku zu blass, am deutlichsten im 25er bei 65-fach. Notiere links oberhalb etwa in doppelter GX-DurchmesserEntfernung 2 dicht stehende Vordergrundsterne, einer Mag11, der andere Mag12.

Nochmals die gleiche Entfernung von Mirzar aus weiter dann

C2002 O4 Hoenig – Komet – UMA – (mag8,5? – 11?; 3,5*3,5); GH 5,4
Der Komet erscheint mir kleiner und etwas blasser als vor ca. 1Monat. Betrachte im 32er, 25er, 18er. Am besten im 25er. Zentralbereich nicht sonderlich hell, rundlich-flächig, nicht punktförmig. Rundlicher Halo, kontinuierlich schwächer werdend in den Hintergrund übergehend, erkenne keinen Schweifansatz. Schätze Größe auf etwa 3 bis 4 Bogenminuten. Da nur etwa 1 Grad entfernt und in der Aufsuchkarte verzeichnet besuche ich

NGC5218 - GX - UMA – (mag12,3 – 13,1; 1,8*1,3); GH5,4
Dachte zunächst bei NGC5205 zu sein, aufgrund der Aufzeichnungen erkenne ich nun den Irrtum. Notierte: relativ kleiner, oval-rundlicher Schemen, links oberhalb 3er Sternenbogen Sterne 13. Helligkeit, blass ohne erkennbares Zentrum.

Habe dann keine Lust auf weitere GX-Fuzzelchen. Großer Schwenk hoch Richtung O, oberhalb der heute relativ schwachen Nürnberger Streulichtkuppel nach Pegasus zu

NGC7331 - GX - PEG – (mag9,5 – 13,3; 10,2*4,2); GH5,8
Tolles Objekt, das GX-Highlight der Nacht! Deutliches, länglicher Zentralbereich mit einer Helligkeitsspitze im Zentrum. Versuche einige Okus: 32er, 25er , 10er, 18er Bertele, bei dem ich dann bleibe. Es ist wie eine Offenbarung, wenn nach und nach der Halo scheinbar immer ausgedehnter wird, die GX sich mehr und mehr in die Länge zieht. Erahne im oberen Bereich entlang der Hauptachse der leicht schräg im GF liegenden GX ein Staubband? Mache eine Skizze. Etwas links unterhalb, dicht am Halorand markiere ich einen Vordergrundstern, sehe nun, dass an dieser Position eine weitere GX, NGC7335 platziert ist; habe ich vielleicht ein aktives Zentrum mit einem Sternchen verwechselt? Mir war die GX nicht aufgefallen, Schande über mich! Nahe der linken Spitze des GX-Halos, noch knapp innerhalb zwei schräg übereinander stehende Vordergrundsterne mit geschätzten Mag 13. Eine sehenswerte GX!.

Links von NGC7331 eine diagonal angeordnete 3er Sternenkette, nur etwa 1/4Grad dahinter

NGC7315 - GX - PEG – (mag12,5 – 13,4; 1,6*1,6); GH5,8
Verbiege mir fast die Augen, bis ich die GX endlich dann doch erkennen kann. Schwer!, dann aber doch direkt haltbar. Hatte zunächst das Bertele Oku verwendet, damit ging es aber nicht, im 25er hatte es dann geklappt. Rundlich, blasser Schemen, zu mehr hatte es nicht gereicht. In ähnlicher Distanz zu NGC7331, nur oberhalb im GF (Newton!) suche ich nach

Stephans Quintett und werde auch (teilweise) fündig; erstaunlicher weise für mich einfacher als vorher NGC7315 erkennbar:

NGC7320 - GX - PEG – (mag12,6 – 13,5; 2,3*1,4); GH5,8
NGC7318A - GX - PEG – (mag13,4 – 13,0; 1,2*1,0); GH5,8
NGC7319 - GX - PEG – (mag13,1 – 13,8; 1,6*1,6); GH5,8
Kann ich nach und nach definitiv ausmachen; 7318B und 7317 erschließen sich mir nicht. Der Erste Eindruck war mehr ein etwas größeres, sehr lichtschwaches, unregelmäßiges Objekt zu erahnen, erst dann erkenne ich separate Objekte. Die GX’en liegen sehr dicht beieinander, dazwischen kaum Zwischenraum. Mal kann ich die eine mit Mühe direkt halten, dann verschwinden die anderen und blitzen nur ab und an indirekt auf. Am schwierigsten ist jene, welche die untere Spitze des nahezu gleichwinkligen GX-Dreiecks bildet. Wenn man bedenkt, das diese GX-Gruppe ca. 300 Mio LJ entfernt ist ... !!! Für mich bisher die am weitersten entfernt gelegenen gesehenen GX’en. 300 Mio LJ .. einfach unglaublich! In und um die GX-Gruppe erkenne ich 3, 4 Vordergrundsternchen an der Wahrnehmungsgrenze.

Brr.. es ist immer noch zugig, kühl. Im ONO steigen die Pejaden durch den leichten Dunst und Streulicht auf. Die Schleier im Süden sind nun entweder verzogen, oder haben sich aufgelöst. Capricorn ist vollständig naked eye erkennbar, von Sagittarius ist nur noch der nördliche Teil über dem Horizont und Dunst auszumachen. Eine der seltenen Gelegenheiten,

NGC7293 – PN – AQR – (mag6,3 – 13,6; 16,0*12,0); GH 4,8
Den Helix- oder auch Sonnenblumennebel einen Besuch abzustatten. Letztes Jahr war mir dies einmal mit NaTALia geglückt nach sicherlich 30min Aufsuchkampf, heute ging es mühelos, bei Delta Aquarius beginnend orientiere ich mich an dem weiten, spitzen Dreick gebildet aus 66, 68 und 59 Aqr. Dann habe ich den Nebel. Ohne UHC im 32er gut erkennbar, recht blass aber doch gut direkt, sehr flächig, auf den ersten Eindruck rundlich, ein relativ großer lichtschwächerer ebenfalls runder Bereich im Zentrum. Super im 25er Oku mit UHC. Groß, etwa halb GF-füllend. Wunderbar die Außenkonturen erkennbar, nun etwas länglich, quer liegend. Wirkt wirklich wie eine Sonnenblume, die helleren Zonen entsprechen den Blütenblättern, kreisrund um das dunklere Zentrum angeordnet. Im GF rechts etwas breiter, heller. Eine ganze Reihe von Vordergrundsternen darumherum, zwei blasse innerhalb, nahe der Grenze des dunkleren Zentralbereichs zum helleren, breiten Rand hin. Ein wunderbares Objekt! Wie der wohl hoch am Himmel wirkt? Birgit, unbedingt ansehen und berichten!!!

Jetzt soll es Uranus sein. Hatte vor 2 Monaten einen Kartenausdruck erstellt, anhand dessen wird gehoppt (Startpunkt Delta CAP) und gesucht. Nach 5Min bin ich in der Zielregion. Beim Hopp hatte ich bereits den Eindruck einen nichtstellaren Lichtpunkt zu sehen, war aber noch nicht im Zielgebiet, darum nicht weiter darauf geachtet. Im Ziel finde ich Uranus nicht! Kann doch nicht sein? Nehme den nächstgelegenen hellen Punkt und vergrößere ... nein! Bin etwas müde, unkonzentriert. Zwei weitere Versuche ... grrr! Was ist los? Langsam dämmert es mir. In den 2 Monaten ist Uranus ein volles Grad gewandert. Mit so viel hatte ich nicht gerechnet, hatte ich doch noch die letztjährige Position nahe einer hellen 3er-Kette im Gedächtnis. Also zurück zum vorher auffälligen Stern, und .. Bingo!

Uranus
Erscheint mir leicht bläulich mit einem Stich ins grünliche, der Farbeindruck insges. Nur schwach. Bei 163-fach ein deutliches Scheibchen, bei 232-fach größer (was sonst), nicht mehr. Seeing ist so horizontnah nicht berauschend. Also gleich weiter zu

Neptun
Innerhalb der Capricorunus-Außenkontur, von Beta Cap startend aufgesucht. Etwas kleiner im GF, da bei etwa gleicher Größe doch immerhin etwa 1,5 Milliarden km weiter entfernt. Fast kein Farbeindruck, ganz leicht grünlich.

Müde, doch gute Bedingungen. Hoppe wahllos noch einige Objekte ab:

M76 – PN – PER – (mag11,0 – 10,4; 2,7*1,8); GH 5,8
Noch im Perseus nahe Andromeda gelegen. Trotz schwindenden Konzentration auf anhieb gefunden.
M76 .. auch kleiner Hantelnebel genannt. Die beiden „Gewichte“ hier jedoch deutlich weiter auseinander, mehr kugelförmig und kleiner. Deutlich hell, von der Flächenhelligkeit sogar heller als der große Bruder, M27. Links neben des fast waagrecht elongierten Nebels auf gleicher Höhe ein Vordergrundstern 12. Klasse.

M15 – GC – PEG – (mag6,4 –11,0; 12,3*12,3); GH 5,6
Am unteren rechten Rand des Pegasus-Sternbilds gelegen. Hell, deutlich im Sucher ausmachbar., doch muss man genau hinsehen, um den Nebel von mehreren ähnlich hellen Sternen in unmittelbarer Nähe unterscheiden zu können. Dies liegt auch am Helligkeitsverlauf: deutliches, sehr helles Zentrum, schneller Abfall hin zum lockeren, bereits bei 50-fach anlösbaren Randbereich. Bei 80-fach dort deutlich aufgelöst, selbst bei 232-fach erscheint jedoch das Zentrum noch massiv/leicht granulär. Ein super GC mit eigenem Charakter!

Müde .. besser aufhören. Davor noch die Optik überprüfen, hatte diese neu justiert, nachdem das komplette Teleskop letzten Samstag bei der NAA-Starparty durch eine heftige Windboe umgeworfen wurde. Seeing mäßig, bei 163-fach noch halbwegs gut erkennbare, gleichmäßige Interferenzringe, aber .. intra- und extrafokal ganz leicht oval, der Spiegel ist etwas verspannt! Das heißt ausbauen, locker fassen und neu justieren.

Bin am zusammenpacken, da fällt mir tief im Osten links von Aldebaran ein heller „Stern“ auf .. müsste Saturn sein. Anpeilen.. ja,

Saturn, knapp 10 Grad über dem Horizont. Im Oku (233-fach, hatte vergessen, das 32er reinzustecken, trotzdem den Planet gleich im GF gehabt) verwaschen, unscharf, keine Chance für die Cassini-Teilung. Dafür wunderbar bunt. Unten Lila, blau , grün, gelb, orange bis rot, das hat auch etwas!

Nach knapp 5 Stunden schlaf und 2h Berichtschreiben etwas müde Grüße von

Achim
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