Außenbeobachtung vom 12/13.06.2001, ca. 23.15h – 02.15h

Gerät: Newton-Teleskop , Öffnung 150mm, Brennweite 1200mm, (f/8) auf parallaktischer Montierung Vixen GPE, niedriges Holzstativ, motorische Nachführung und Zweiachsensteuerung

verwendete Okulare: 40 mm Superplössel –30fach (Antares) -neu, 25 mm Plössel TAL –48fach; 17,9mm Bertele – 67fach; 10 mm Plössel [Antares] –120-fach; 7,5 mm Plössel [Omkon] –160fach; 2-fach Barlow


Ort: freies Feld, ca. 5 km außerhalb Emskirchen, 390m üNN
Temperatur: 11,4 C (23.10) ; 8,2 C (02.20h)
Grenzhelligkeit: anfangs ca. Mag 4.8 später teilweise Mag 5,4

Seeing: 2-3, später besser (1-2)

Objekte (Reihenfolge der Beobachtung):

Kugelsternhaufen (KS) M13, M92

Galaxien(GX) : M99, M84, M86, NGC4438, M88, M87, M60, M59, NGC4638, M51, NGC5195, NGC4490, NGC 4485, NGC4449
Planetare Nebel: M57
Doppelsterne (DS): ?? ca. 0,7 Grad nördlich NGC 4449, etwa mag 5 – 5,5; 20“
Eta Lyr (4-fach) mag4,6 [5.2 – 5.5; 2,4“] – mag 4,7 [5,0 – 6,1; 2,5“])


In den letzten 3 Wochen gab es keine Beobachtungsmöglichkeit - wetterbedingt bei mir wie bei allen anderen „Leidensgenossen“ auch. Auf der anderen Seite tat mir diese Pause ganz gut – hatte es etwas übertrieben mit 3 Beobachtungsnächten in Folge – am 23.05. (bis gegen 03.30h), 24. („nur bis gegen 01.30h) mit Arbeiten am Folgetag und Fahrt zum ITV am 25. (ITV, bis gegen 04.00h) und in Summe etwa 11 h Stunden Schlaf in diesen Nächten.
Beobachtungsfreie Wochen tendieren jedoch dazu, ins Geld zu gehen – man beschäftigt sich mit all den schönen „nice to have“ Astroartikeln wie Fotozubehör (Winkelsucher angeschafft, neue Sucherscheibe, Russentonne – leihweise), Stativen (baue mir eines für den Schiefspiegler) oder weiteren Okularen.
Nun kribbelte die Beobachtungssucht aber wieder. Habe die erste Chance dann auch ergriffen. Bereits gestern hatte es zunächst vielversprechend ausgesehen, sich jedoch gegen 23.00h dann bewölkt. Heute klappte es.

Meine gestrige Vorbereitung wollte ich heute dann nützen: Virgo-Haufen, 2. Teil. Habe wieder mittels C. Ciel eine Ausschnittkarte erstellt und ausgedruckt. Diesmal habe ich einen Kugelschreiber für Notizen mitgenommen – erstens kann man damit das Geschriebene unter Rotlicht deutlich besser erkennen, und zweitens schreibt dieser auch auf taufeuchten Papier, ein harter Druckbleistift macht da Probleme.

Beobachtungsplatz: Wieder eine neue Stelle ausprobiert; nur etwa 500m von der Alten entfernt; Erst am Waldrand entlang, dann noch etwa 80 m in einen Feldweg; Das Gras stand etwa 80 cm in der Mitte der Fahrbahn und strich deutlich hörbar über den Fahrzeugboden. Bin am Ziel dann mehrfach vor- und zurück gefahren, um es etwas platt zuwalzen, musste hierbei aber aufpassen, mit dem Auto nicht stecken zu bleiben (aufgeweichter Boden). Mit Ausnahme NNO ein 0-Grad-Horizont – nicht schlecht. Einen Nachteil gab es dann doch – von einer 2 km entfernten Straße gleißte in der Nacht Scheinwerferlicht direkt in meine Richtung – scheußlich hell, Gott sei dank jedoch nur 3 mal während der Beobachtungszeit.

Schnell alles aufgebaut, dann Blick in den Himmel. Im W und NW noch etwas aufgehellt, im Osten reicht das Streulicht des Nürnberger Ballungsraums mind. 15 Grad über den Horizont – Viel Dunst in der Luft. Grenzhelligkeit? UMin ist gerade so komplett, etwa Mag 4,8 – jedoch von Region zu Region deutlich unterschiedlich. Mir steigt intensiver Geruch von Kamille in die Nase – ich habe scheinbar auch Kamillepflanzen plattgewalzt. Manche erinnert dieser Duft nur an Kranksein, ich liebe ihn jedoch! Von in der Ferne quakenden Fröschen abgesehen, ist nur ab und zu ein Uhu (oder Käutzchen?) aus dem nahen Wald zu hören. Während ich so nach oben schaue huscht mir eine Fledermaus durchs Blickfeld, eindeutig zu erkennen da noch nicht völlig dunkel. Um einen herum nur Natur, wenn das nicht ein toller Nebeneffekt unseres Hobbys ist! Suche nun Virgo – steht ganz schön niedrig! LEO setzt schon zum Sprung kopfüber in den Horizont an. Kann den Comahaufen kaum mit bloßem Auge ausmachen - noch zu hell. Virgo muss noch warten, was dann? Hell, leicht zu finden, zenithnah –

M13. Nehme den KS gerne zum Beginn, da hier Restdämmerung kaum stört. Hat nur einen Nachteil – später beobachtete Objekte können meist nicht mehr mithalten! Auffinden zwischen Zeta und Eta Her kein Problem: Blick durch den Sucher, Klemmung fast offen, vorne und hinten in den Tubus gegriffen und diesen so „zurechtgerückt“. Erst ein Blick mit dem neuen 40mm Oku – deutlich erkennbarer heller Fleck – nicht aufgelöst; dann 25er TAL: bereits leicht grieselig am Rand, das Blickfeld hier kaum kleiner! zwei-, dreimal Okus verglichen – ist so! der Tunnelblick ist beim 40er doch recht ausgeprägt; nicht so schlimm wie beim 42TAL-Kellner, aber spürbar! Hätte doch auf Wolfi’s Rat hören sollen, das die Plössel nur bis 32mm richtig Sinn machen – werde umtauschen. Zurück zu M13 – hatte ich früher bereits beschrieben, doch heute wieder eine Überraschung! Wie sich zeigte, war der Himmel zwar relativ hell, das Seeing jedoch richtig gut! Steigerte Vergrößerung über 17,8mm, 10mm, 7,5 mm, 10mm mit 2-fach Barlow auf bis zu 240-fach, wurde jedes mal mit größerem Detailreichtum beloht. Nun war M13 voll Okularfüllend – einfach toll. Eine Fülle von Sternpünktchen fesselten meinen Blick und ließen mich viel länger als geplant verweilen. Über das gesamte Blickfeld funkelt es – auch der Zentralbereich offenbart abgegrenzte Sterne. M13 so gut wie nie!! Nun MUSSTE auch noch

M92 herhalten. Hier steigerte ich die Vergrößerung schneller auch bis 240-fach. Dieser KS ist doch etwas kleiner, bei dieser Vergrößerung „erst“ nahezu Blickfeldfüllend. Verglichen mit M13 erscheint das sternenreiche Zentrum mehr „gebündelt“, die Randbereiche erreichen nicht die Fülle von M13 – trotzdem eine Perle am Firmament. M92 wird häufig unverdient „links liegen gelassen“. Ist – zugegebener Maßen etwas schwerer aufzufinden (brauchte auch zwei Versuche) aber DEFINITV lohnenswert!. Die astronomische Dämmerung ist nun vorbei – Peile mein Zielgebiet an : Virgo!

Der Coma-Haufen ist mit bloßem Auge immer noch sehr blass – Das Dreieck aus Alpa, Beta und Gamma nur schwer zu erkennen – Doch dunkler wird es bestimmt nicht mehr !(gegen 00.30h) Nach 2, 3 Versuchen finde ich das Sternen-T und habe damit meine „Ausgangspositon“ erreicht. Nehme
schnell

M99 mit. Enttäuschung!! Kann die GX zwar eindeutig ausmachen, jedoch deutlich schlechter als letztes mal! Die GX wirkt sehr blass, nahezu kreisrund, kein punktförmiger Kern sondern größere Zentralaufhellung. Mir ahnt schlimmes! Es ist einfach nicht dunkel genug! Bewege mich nun mit der Feinjustierung voran. Etwa 2 Blickfelddurchmesser nach oben (SSO) finde ich

M84, zusammen mit M86 im Blickfeld. Keine Strukturen erkennbar, kein NGC4438 oder 4435 zu sehen. Hatte hier letztes mal 5! GX gleichzeitig im Blickfeld! Jetzt nur M84/86 als schwache Lichtflecken mit punktförmigen Zentralaufhellungen. Mit der geplanten GX-Jagd zweiter Teil wird es wohl nichts werden, hier könnte nur mehr Öffnung helfen; habe diesbezüglich aber keine Ambitionen.

Versuche nun M87 zu finden, verfahre mich beim ersten Anlauf – zurück zu M84. Stolpere dabei doch über NGC4438. Ist als GX zu identifizieren – mehr jedoch (heute) nicht! Fahre Makarians GX-Kette ab, meine hie und da einen Lichtschemen zu erahnen; nur M88 kann ich als ovalen Halo erkennen.

Dann doch noch M87, im Anschluss auch M59 und M60; wollte unbedingt auch mal „neue“ GX sehen. M87 ist im Zentralgebiet des Viro-Haufens „beheimatet“, nahezu kreisförmig, mit flächiger Zentralaufhellung, jedoch nicht allzu groß. M59 und M60 kann man als Pärchen betachten, da nur ca. 0,4 Grad voneinander entfernt. M60 erschien etwas lichtstärker, mit leicht ovalem Halo und einer flächigen Zentralaufhellung, nicht zentrisch sondern etwas rechts versetzt (Newton-Teleskop). M59 etwas kleiner mit punktförmigen Zentrum. Was könnte man hier wohl alles sehen – wenn es dunkler wäre!

Betrachte den Himmel mit bloßem Auge (na ja, mit Brille), stelle fest, dass es in anderen Regionen dunkler/klarer ist. Gebe meine Virgo-Expedition auf und justiere Richtung CVn neu.

M51 mit Begleiter NGC5195. Auf Anhieb gefunden! Hier ist es wirklich dunkler! Kann beide GX gut ausmachen. Spiralarme habe ich nicht erwartet und auch nicht gesehen – Materiebrücke? Steigere die Vergrößerung, gehe gleich auf 120-fach. Was an anderen Abenden völlig unsinnig ist, zeigt heute Ergebnisse. Das Seeing ist recht gut. Beide GX nehmen nun einen Großteil des Blickfeldes ein. Zwar immer noch keine Spiralarme, aber die Materiebrücke ist erahnbar (sehbar? Schwierig zu beurteilen, wenn man das Objekt kennt – der Wunsch wird dann leicht der Vater des Gesehenen) Schätze den Himmel in dieser Region auf jetzt sicherlich Mag5.2 bis 5.4.

Über Beta CVn finde ich NGC4490 recht schnell – eine längliche GX von etwa 5“ Ausdehnung. Keine signifikante Zentralaufhellung zu sehen, flächig. Karkoschka sagt etwas von Begleit-GX, mit Mühe kann ich diese links unterhalb ausmachen. Ciel gibt diese (NGC4485) mit mag11.9 V-Helligkeit an. Bin bei diesem Wert im nachhinein etwas überrascht, sie gesehen zu haben. Orientiere mich nun Richtung NGC4449. Wechsele wieder auf das 25erTAL. Zum exakten Fokussieren nehme ich einen helleren Stern Nahe 4490, Richtung 4449. Hey! Der Stern erweist sich als Doppelstern! Weder Karkorschka noch Ciel weisen diesen aus. Kennt ihn jemand? Nach meiner Einschätzung etwa 0,7 Grad nördlich NGC 4449, etwa mag 5 – 5,5; 15 bis 20“-Distanz (bei 48-fach getrennt – Lücke etwa „Sternenbreit“).

NGC4449 soll lt. Karkoschka etwa rechteckig wirken – nicht für mich, eher etwas länglich, rechts im Blickfeld heller, rechts oben noch etwas ausgeprägter. Weiter zu M106? Finde ich nicht gleich auf Anhieb und lasse es dann sein, habe eigentlich auch keine Lust mehr auf GX.

Mars war seit Beobachtungsbeginn als hellstes Objekt des Himmels recht niedrig in OSO sichtbar, ist im Laufe der Zeit bis auf SOS gewandert. Mars wollte ich erst später betrachten, wenn der Mond den Blick auf dunklere Objekte beeinträchtigt. Hatte extra den Kutter mitgenommen, um diesen am Planeten mit der TAL-2 vergleichen zu können. Nun auf Mars ... Mars ... Nicht mehr zu sehen!!!! Wolken im Osten und tief im Süden!! Keine Chance! Der Kutter bleibt im Auto – schade, da dieser momentan mit etwa 70Mio km Entfernung zur Erde fast den geringsten Abstand für die nächsten zwei Jahre erreicht.

Weiter Nördlich – ist es jedoch jetzt wunderbar klar, das Lichtband unserer GX ist deutlich mit Strukturen erkennbar. Lyra fällt mir ins Auge. Gutes Seeing – Doppelstern! Warum nicht, versuche

Eta Lyr (4-fach) mag4,6 [5.2 – 5.5; 2,4“] – mag 4,7 [5,0 – 6,1; 2,5“]) – und werde nicht enttäuscht, im Gegenteil! Schon im Sucher sind die beiden Doppelsterne deutlich getrennt. Gehe gleich mit dem 10mm Oku zu Werk. Fokussieren bereitet heute keine Schwierigkeiten –gutes Seeing hilft!. Sowohl Eta1 als auch Eta2 sind eindeutig getrennt, randscharfe, punktförmige Lichter! Hatte ich noch nie mit 120-fach so eindeutig geschafft. Nun 7,5 mm, 10mm mit 2-fach Barlow. Fokussiere intrafokal – extrafokal – intrafokal – passt! Bei beiden Doppelsternen sehe ich Beugungscheibchen –so klar wie noch nie! Die je zwei Sterne sich sauber fokussiert und punktförmig zu sehen, darum herum klar getrennt je zwei „Ringe“, doch scheinen diese im unteren Bereich (bei allen 4 Sternen) weniger ausgeprägt. Kleines Justierungsproblem? Groß kann dieses aber nicht sein, die Lücke zwischen den Sternen erreicht bei Eta2 doppelte Sternenbreite, bei Eta1 noch etwas mehr. Mir kommt der Abstandsunterschied jedoch deutlich mehr als die im Karkoschka angegebenen 01.“ (2,5“ zu 2,4“) vor. Steigere nochmals, 7,5mm mit Barlow nun 320-fach!. Wieder gelingt das Fokussieren (staune ganz, habe ich auch schon anders erlebt). Die Lücken sind nochmals gewachsen, 3, ja 3 1/2-fache Sternendurchmesser – super! Bei dieser Vergrößerung kann ich gerade so noch alle vier Sterne im Blickfeld sehen.

Zum Abschluss noch ein Planetarer Nebel – M57. Trotz exzellentem Seeing und relativ hohen Vergrößerungen (bis 240-fach) konnte ich nicht allzu viele Details erkennen – im Wesentlichen ein ovaler „Kringel“. Beim darauf Konzentrieren wird mir leicht schummerig – Auge und Gehirn bemühen sich, bekommen M57 aber einfach nicht scharf, dabei ist das Objekt doch recht hell!

Die Wolken ziehen immer mehr von Osten und Süden auf – genug für heute. Hatte mich schon gewundert, wo der Mond bliebt. Dieser war zwischen Wolken verborgen, und da von meinem Beobachtungsort etwa über Nürnberg platziert, war mir dies im Streulicht der Stadt nicht aufgefallen.

Genug für den Abend: einpacken – heimfahren – aufräumen. Jetzt ist Mars wunderbar durch eine Häuserlücke zu sehen, habe aber nicht den Nerv Daheim nochmals aufzubauen – ab ins Bett (02.30h)

Fazit: Keine (ideale) Nacht für GX, jedoch toll für KS und Doppelsterne (und Planeten – ging bloß nicht); nehme mir vor, meine Beobachtungsobjekte zukünftig stärker je nach Dunkelheit und Seeing zu selektieren.


Allseits klare Nächte wünscht

Achim
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