Beobachungsnacht mit Extremen

Außenbeobachtung vom 23/24.06.2001, ca. 23.20h – 03.10h

Gerät: Newton-Teleskop , Öffnung 150mm, Brennweite 1200mm, (f/8) auf parallaktischer Montierung Vixen GPE, niedriges Holzstativ, motorische Nachführung und Zweiachsensteuerung

verwendete Okulare: 25 mm Plössel TAL –48fach; 17,9mm Bertele – 67fach; 10 mm Plössel [Antares] –120-fach; 7,5 mm Plössel [Omkon] –160fach, 2-fach Barlow, 3-fach Barlow


Ort: freies Feld nahe Kreben (Beobachtungspunkt der NAA), ca. 15 km außerhalb Emskirchen, ca. 400?m üNN
Temperatur: 13,4 C (22.50) ; 8,2 C (03.25h)
Grenzhelligkeit: Mag 5,8, teilweise deutlich schlechter

Seeing: 2, 1-2?
Bewölkung: anfangs Cirren überwiegend in N und W, später wolkenlos

Objekte (Reihenfolge der Beobachtung):

Doppelsterne (DS): Beta Sco [2,6m – 4,9m; 13,7“], Ny Sco (4-fach: mag4,0 [4.4 – 5.4; 1,4“] – mag 6,3 [6,7 – 7,8; 2,6“];41,0); eta Crb [5,6m – 5,9m; 0,7“]
Eta Boo [2.5 – 4.9; 2,9“]
Planeten: Mars
Kugelsternhaufen (KS) M3, M5, M71, M22
Galaxien(GX) : NGC 5746, M101, NGC 5478; NGC 5474,
Planetare Nebel: M27

Nachmittags hatte ich ein e-Mail von Ulrike erhalten, dass sie nach Kreben zum spechteln gehen wird. In den Nähe dieses Dorfes ist der Beobachtungsplatz der Nürnberger Amateur Astronomen. Hatte eh vor Sterne zu gucken; bin dann ebenfalls dort hin gefahren. Von Emskirchen aus sind es nur 15 Autominuten. War gegen 23.00h dort, Ulrike war schon da mit Galileo, ihrem neuen Teleskom; von den NAA sind sicherlich auch noch etwa 10 Astrokollegen anwesend, die sich meist mit (aus meiner Sicht) professionellen Ausrüstungen der Astrofotografie widmeten. Noch war es dämmrig; die Mondsichel (im 3. Tag?) war gerade am untergehen; Mars strahlte in SOS, einige Cirren am Himmel; wettermäßig habe ich da mit einer eher unterdurchschnittlichen Nacht gerechnet – wie man sich irren kann!

Da für DeepSky noch zu hell, habe ich mit Doppelsternen begonnen. Zunächst mit Beta Sco [2,6m – 4,9m; 13,7“], konnte jedoch zunächst mit dem 25mm keine Zwei Sterne erkennen, bei 13,7“?? Hups, bin bei Alpa Sco, nicht bei Beta, kein Wunder. Schnell korrigiert, und da waren Sie – sauber getrennt, mit sehr deutlichem Helligkeitsunterschied, nach Karkoschka sehr ähnliche Farbtemperatur, mir kam die hellere Komponente jedoch bläulich vor, die dunklere weiß. Habe dann gar keine andere Vergrößerung versucht, sondern ging gleich weiter zum Vierfachsystem

Ny Sco (4-fach) mag4,0 [4.4 – 5.4; 1,4“] – mag 6,3 [6,7 – 7,8; 2,6“];41,0“) – in unmittelbarer Nähe von Bete Sco. Bei 41“ Abstand ist bereits die erste Trennung im Sucher erkennbar. Wechselte zum 10mm Oku (120-fach), nun entpuppte sich die schwächere Komponente als Doppelstern. Seeing? e sehr ordentlich; die Sterne wabern kaum, trotz geringer Winkelhöhe. Trennung der helleren Komponente? (noch) Fehlanzeige! Auch mit dem 7.5mm Oku bin ich mir noch nicht sicher, bei 240-fach (10mm mit 2-fach Barlow) schließlich ist es geschafft – in ruhigeren Momenten ist eindeutig ein Kluft zwischen zwei Sternen erkennbar, manchmal jedoch nur eine verschwommene 8. Bin zufrieden: 1,4“, das ist doch schon was! Ulrike versucht sich gerade am Mars; werfe einen kurzen Blick durch Ihr Teleskop und – da kann man ja etwas erkennen! Die Orange Kugel wabert NICHT, das Seeing ist DEFINITIV wesentlich besser als die letzten male. Versuche nun selbst den

Mars. Der Gott des Krieges ist heute gnädig gestimmt. Betrachte ihm zunächst mit 10mm Oku, dann mit 7,5 mm (160-fach); 120-fach erweist sich jedoch als besser. Was ich sehen kann? Oben links eine hellere Region (Polkappe), darunter eine dunklere Region; nicht nur einfach ein gleichmäßiger Fleck, sondern – in besonders ruhigen Momenten – mit Strukturen wie leichten Helligkeitsunterschieden und etwas Konturen am Rand. Unterhalb einer helleren, schräg diagonal verlaufenden Zone eine etwas kleinere, ähnlich dunkle Region. Meine bisher beste Beobachtung am Mars. Hätte doch den Kutter auch mitnehmen sollen, doch das Zusatzgerödel war mir einfach zuviel (hohes Hartholzstativ + Kutter). Betrachte unseren Nachbarplaneten etwa 10 Minuten. Ich hatte mir für heute auch DeepSky-Objekte der Karte E15 des allseits bekannten Karkoschka notiert, und dann auch besucht. Zunächst

M3 – relativ einfach zu finden, auf halber Strecke zwischen Arkturus (Alpa Boo) und Cor Caroli (Alpa CVn). Dieser KS ist mit Mag 6 ½ v-Helligkeit schon im Sucher eindeutig als Stellares Objekt zu erkennen. Habe Ihr nahezu symmetrisch wahrgenommen, schön aufgelöst, bis max. 160-fach vergrößert. Rechts schien mir der KS in der Zentrumsgegend etwas heller; in den Außenbereich sind Sternenketten auszumachen. Ich erinnere mich noch gut an meine erste Beobachtung von M3 – war gleichzeitig mein erster KS; hatte mir damals Juchtzer der Begeisterung entlockt; mittlerweile bin ich schon verwöhnt – schade eigentlich. In etwas größerer Distanz zu Arkturus, nur in entgegengesetzter Richtung, befindet sich M5, ein weiterer KS. Zum Auffinden suche ich den Stern 109Boo; kann diesen mit bloßem Auge auch gut ausmachen. Apropos bloßes Auge: die Cirren haben sich aufgelöst, das Band der Milchstraße ist deutlich sichtbar geworden – es entwickelt sich eine sehr schöne, dunkle Nacht. Nur Ulrike meint, dass es bei Ihrer letzten Beobachtung noch viel besser gewesen wäre – das muss ein Himmel gewesen sein!. Schätze die Grenzhelligkeit jetzt auf etwa Mag 5.5 bis 5.7.

109Boo ist schnell gefunden. In nicht einmal 30’ Distanz finde ich die GX 5746. Betrachte gleich mit dem Bertele (68-fach). Die GX sollte nicht genau in das Gesichtsfeld genommen werden, da sonst 109Boo doch recht deutlich stört. Diese GX zeigt sich mir als feine, nahezu senkrecht elongiertes Band mit zentraler, länglicher Aufhellung. Etwas unterhalb in unmittelbarer Nähe erkenne ich zwei schwache Vordergrundsterne. Wenn man bedenkt, das diese GX 90!! Millionen Lichtjahre entfernt ist – wowww!! – das muss ja ein Brocken sein. Schön – und endlich wieder eine GX, war schon ganz auf Entzug. Etwa 7 Grad westlich dann

M5, von 109Boo aus gut zu finden; etwas heller und größer als M3. Der Außenbereich mit einer Vielzahl hellerer Sterne ist verglichen mit diesem ausgedehnter. Vergrößere bis auf 10mm+2fach Barlow –240-fach. Keine leere Vergrößerung, bis hier bringt es heute bei diesem KS einen Gewinn! So ein gutes Seeing – werde Übermütig, jetzt versuche ich die Grenzen meiner NaTALia an einem Doppelstern:

eta Crb [5,6m – 5,9m; 0,7“] 0,7” Abstand mit einem 6-Zoll Newton? Geht das überhaupt? Ich versuche es zumindest. Das Sternbild Krone befindet sich jetzt hoch im Westen (etwa +35 Grad), Eta Crb gehört zwar nicht selbst zur Krone, ist jedoch leicht rechts zwischen Komponente Beta und Delta auszumachen - diese nacht auch gut mit bloßem Auge. Einmal im Okular beginne ich gnadenlos zu vergrößern: 120-fach, 160-fach, es sind wunderschöne Beugungsscheibchen zu erkennen. Der Stern erscheint knackig scharf abgetrennt von 2, drei konzentrischen Ringen. Nun muß die 2-fach Barlow her: 240-fach, 320-fach. Immer noch EIN scharfer Punkt mit Beugungsscheibchen, doch ist dieser nicht etwas länglich? 3-fach-Barlow aus dem Köfferchen: 360-fach! Habe diese Nacht die Nachführung selten angestellt, bei diesen Vergrößerungen bin ich aber froh, so etwas zu haben. Ja, ich sehe nun eine sehr schräg liegende Acht, Maximalvergrößerung: 480-fach: zu viel!!!! Bringt nichts, wird unscharf, schaffe es nicht, sauber zu fokussieren. Zurück zu 360-fach: Ganz getrennt habe ich die Komponenten nicht; das meist länglich wirkende Objekt zeigt momentweise eine deutlich Tallie, mehr ist aber nicht. Bin trotzdem ganz Stolz auf NaTALia, denke auch der Kutter hätte es kaum besser machen können. Gilt dies eigentlich schon als getrennt? Wie auch immer, ich meine mehr kann kaum gehen.

Sagittarius steht nun deutlich sichtbar über dem Horizont, reizt mich aber im Moment nicht, hatte ich erst diese Woche „beackert“ – Ich will Galaxien. Überprüfe nochmals die Grenzhelligkeit im Uma-Kasten. 2 Sterne sehe ich, ein weiterer blinzelt mir zeitweise zu. Dürften jetzt sicherlich Mag 5.7, 5.8 sein, toll!. Lichtschwache GX bei Uma – was fällt einen da ein?

M101! Bildet man aus Zeta, Eta und einen gedachten dritten Punkt ein gleichwinkliges Dreieck, so findet man an diesem Punkt M101. Gesagt, getan, gefunden! – auf Anhieb. Kannte M101 nur als schwache, flächige, strukturlose Aufhellung; diese Nacht aber ist es mehr. Im 17.8 mm Bertele-Okular ist diese GX recht groß zu sehen; bei indirektem Sehen erkenne ich unten in der Mitte einen ganz schwachen Lichtpunkt – einen Vordergrundstern, deutlich jenseits der Mag 10. Weis jemand, wie hell dieser ist? Die GX zeigt mir leichte Konturen, Helligkeitsunterschiede zwischen den Zentrum und den Außenbereichen. Es gibt keine Zentralaufhellung. Ein Astrokollege kommt gerade vorbei, wir plaudern etwas (überwiegend über Fotografie); der sehr erfahrenere Hobbyastronom wirft auch einen Blick durchs TAL auf M101. Reaktion – hey, toll, man kann ja Spiralarme sehen. Fand ich etwas übertrieben, aber vielleicht bedürfen ja meine Augen und der „Zentralrechner“ nur einiger Jahre zusätzliche Beobachtungserfahrung, um dies auch sagen zu können. Bin von dieser Nacht wirklich positiv überrascht!!. Hatte mir gestern die Region um M101 in Ciel angesehen, und wusste deshalb, dass es da noch kleinere GX gibt, versuche fündig zu werden. Mit

NGC5422 gelingt mir dies zuerst. Ich hatte zunächst nach NGC5474 gesucht, aber diese (erst einmal) nicht gefunden. NGC5422 konnte ich als relativ kleine GX (3,5’) in Kantenlage mit punktförmiger Zentralaufhellung erkennen. Angegeben wird diese mit vis. Helligkeit von Mag11.8, Flächenhelligkeit von Mag12.8. In dieser Nacht war diese GX deutlich erkennbar.

Suche nochmals NGC5474, jetzt mit Erfolg. Wirklich schwierig zu finden – Ciel zeigt mir nun auch warum: Eine Flächenhelligkeit von nur Mag 13.9 – das ist nicht viel für ein Objekt von etwa 4 bis 5’ Durchmesser. Erkennen konnte ich lediglich einen nahezu leicht elliptischen Fleck – meine dieser hätte links oben eine deutliche „Delle“ gehabt, keine Zentralaufhellung gesehen.

Bin schon etwas Müde, meine Konzentration lässt langsam nach – ich vergesse tatsächlich nach dem Thriller des Monats zu suchen. So ein Mist!!! Das wäre Todsicher gegangen, war sogar schon in der Nähe – die Chance ist nun vertan, und die nächsten Nächte komme ich nicht zum beobachten – sch...eibenkleister!

Nebenan vergnügt sich Ulrike schon eine ganze Zeit mit dem Hantelnebel – da will ich den auch mal selbst suchen. Vor einer Woche hatte mir just nach Auffinden eine Wolke die Beobachtung versaut; diesmal stelle ICH mich recht dämlich an. Erst verwechsle ich M27 mit M71, suche also an der Position von M71 ein helles Objekt im Sucher, und werde einfach nicht fündig. 2, 3, 4 Anläufe – nichts! Lege mich schließlich sogar auf den Boden und Peile über den Tubus, dann ein Blick durchs Okuar – da ist was –aber nicht der Hantelnebel. Bis ich meinen Irrtum aufgeklärt habe, ist etwa ¼ Stunde vergangen.

Nun bei M71 wird dieser KS auch studiert. Wirkt gar nicht auf den ersten Blick wie ein KS, recht unsymmetrisch, mit relativ deutlich helleren Vordergrundsternen. Hatte ich kürzlich erst beschrieben. Aber jetzt M27. Mache meinen nächsten Fehler und merke mir eine Positon oberhalb zwischen Delta und Gamma Sagitta (statt links oberhalb von Gamma Sagitta) und suche, und suche, und suche ...
Frage schließlich Ulrike um Rat. Sie holt ihre Aufsuchkarte. Blicke eben noch einmal in meinen Karkorschka und erkenne den Fehler. 2!-mal bei einem Objekt blöd angestellt – na Mahlzeit. Mit den richtigen Zielgebiet ist M27 dann in wenigen SEKUNDEN gefunden – habe sicherlich eine halbe Stunde verdummt.

Nun aber zum Objekt der Begierde. Wie der Hantelnebel zu seinem Namen kommt, offenbart sich einem recht schnell. Schon bei 48-fach ist der Nebel in Form einer Hantel (die alten Dinger mit zwei Eisenkugeln am Ende) zu erkennen. Das lichtstarke Objekt verträgt gut höhere Vergrößerungen. Beobachte eine ganze Zeit mit 120-fach; Ulrike meint, bei Ihr wäre es mit 180 (190?) -fach am besten, gehe selbst auf 160-fach. Der Planetare Nebel nimmt nun einen großen Teil des Blickfelds ein. Die Außenkonturen erscheinen etwas ungleich stark abgegrenzt, meine der Bereich unten hat einen etwas „schärferen“ Übergang. Bei indirektem Sehen kann ich 4 oder 5 ganz schwache Sterne nahe des Randes, jedoch innerhalb des Nebels, erahnen.

Zum Schluss noch M22. Hatte diesen riesigen KS Ulrike empfohlen, Sie war aber nicht so begeistert von diesem, meinte M13 wäre doch deutlich besser – die Geschmäcker sind eben unterschiedlich. Ich selbst fand den KS wieder recht gut – aufgrund der Horizontnähe sind die Sternfünkchen jedoch zugegebenermaßen nicht so Brilliant zu sehen wie bei Zenithnäheren Objekten.

Im NO dämmerte es bereits schon eine weile; allgemeine Aufbruchstimmung ist zu verspüren. Ich selbst bin auch recht müde. Ulrike muss noch etwas warten, bis die meisten Autos den schmalen Weg freigemacht haben, sonst kommt Sie mit der Familienkutsche nicht durch. Ich habe es etwas einfacher und mache mich vom Acker (03.10h).

Resümee: Eine wirklich schön dunkle Nacht mit gutem Seeing; wenn es (hoffentlich bald) wieder so gut wird, dann jage ich mehr kleinere GX’n (habe mir einiges durch die Lappen gehen lassen, wurmt mich jetzt ein bisschen)

Gegen 03.30 dann im Bett, 7.30h kommt das erste Kind. Um 9.30h aufs Rennrad (mein anderes Hobby), 75 km strampeln (die Kondition ist nach dem Unfall noch recht mies, heute ging es jedoch ganz ordentlich), Grillen, Berichtschreiben.

Viele Grüße

Achim
                                              > zurück zur Beobachtungsübersicht