Mehr Erzählung den Beobachtungsbericht

... vom 13/14.07.2001, ca. 23.00h – 01.30h

Gerät: Newton-Teleskop , Öffnung 150mm, Brennweite 1200mm, (f/8) auf parallaktischer Montierung Vixen GPE, niedriges Holzstativ, motorische Nachführung und Zweiachsensteuerung

verwendete Okulare: 25 mm Plössel TAL –48fach; 17,9mm Bertele – 67fach; 10 mm Plössel [Antares] –120-fach; 7,5 mm Plössel [Omkon] –160fach, 2-fach Barlow


Ort: freies Feld 5 km außerhalb Emskirchen, 385 m üNN
Temperatur: 16,2 C (23.00) ; 16,5 C (01.40h)
Grenzhelligkeit: Mag 5,6, teilweise deutlich schlechter

Seeing: 2 - 3

Objekte (Reihenfolge der Beobachtung):

Kugelsternhaufen (KS) M56
Doppelsterne (DS): 16 Cyg [6,0m – 6,2m; 39,6“], Gamma Del [4.3 – 5.1; 9,2“]
Planetare Nebel: 6826
Offene Sternhaufen: h + chi Persei
Planeten: Mars
Galaxien(GX) : M101

Seit meinem letzten Bericht sind nunmehr 3 Wochen vergangen – so lange gab es keine vernünftige Beobachtung. War einmal mit Armin bei Vollmond auf Marsjagd, doch grauenhaftes Seeing verhinderte richtiges spechteln, für alle anderen Objekte war es zudem viel zu hell. War trotzdem schön (von wegen schnacken mit Gleichgesinnten) und – dank Webcam und Notebook recht kurzweilig. Vergangene Nacht jetzt MUSSTE gespechtelt werden – Entzugserscheinungen gingen mir langsam aufs Gemüt, außerdem feiern wir heute Straßenfest mit unserer tollen Nachbarschaft – nicht auszudenken, wenn es dann klar sein sollte, mir würde dann ein Großteil der guten Laune verloren gehen. Es ist schon etwas verrückt, doch fällt es mir nahezu unmöglich, die Sehnsucht nach Sternbetrachten angesichts einer klaren Nacht zu unterdrücken – dann schmeckt das Bier nicht mehr so gut.

Tagsüber war es meist bedeckt, zum späten Nachmittag hin auch zeitweise sonnig und – wie die letzten Wochen ständig – recht windig. Wolkenlücken wurden jedoch größer, stellte NaTALia zum temperieren vor die Tür. Gegen 22.00h zog es völlig zu – also nahm ich mir vor, etwas vorzuschlafen in der Hoffnung auf klare Stunden; stellte den Wecker auf Mitternacht. Ging um 22.15 ins Bett, fand aber keine Ruhe und bin gegen elf wieder auf – Blick vor die Tür – klar !!. Schnell noch den Wecker ausgemacht (sonst gibt es ärger mit der Frau) – in die Hose gesprungen (den Rest hatte ich angelassen), alles ins Auto verstaut und los. Mein Spechtelplatz offenbarte eine kleine Überraschung – das benachbarte Weizenfeld war schon abgeerntet, habe nun riesig viel Platz zum Ausbreiten. Montierung aufstellen – mittels Polsucher ausnorden – NaTALia aufgesetzt und ausbalanciert (auch ein Scope braucht sein Gleichgewicht für gute Leistungen), - Karkoschka und Okularköfferchen bereitgelegt – Bügelstuhl aufgestellt – dann Blick nach oben. Tief im Osten sehe ich eine Wolkenbank bis zum Horizont, scharf abgegrenzt durch das Restlicht der Dämmerung, sonst ist es recht klar, nur einige feine Wolkenschleier (Reste von Kondensstreifen) sind zu erahnen. Hell leuchtet Vater Mars gegen SWS – ignoriere ihn. Was betrachten? Mein UHC-Filter wartet immer noch auf sein 1st Light – Sagitarius wäre da Ideal, doch ist das Sternbild kaum zu erahnen, es ist noch nicht völlig dunkel, auch steht es noch seeeehr tief. Hatte die drehbare Sternkarte vergessen – jetzt fehlt diese mir zur allgemeinen Orientierung. Bin noch nicht sattelfest, was für mich neue Sternbilder betrifft. Nahe des Zeniths leuchtet Lyra, links daneben der Schwan. Mache mich auf die Suche nach

M56 – einem Kugelsternhaufen. Etwa auf halben Wege einer gedachten Linie zwischen Beta Cyg (ALBIREO!!) und Gamma Lyr gelegen. Huh! Welche Sternenvielfalt offenbart sich schon jetzt beim Blick durch den Sucher!. Habe meine Probleme selbst die hellen Orientierungssterne zu identifizieren. Wie sich diese Nacht leider noch mehrfach bestätigt, scheine ich meine Auffindroutine verloren zu haben, mit dem Sucher komme ich diesmal kaum zurecht! Trockenem Stoppelfeld sei Dank kann ich mich auf den Boden legen und über den Tubus peilen – das bringt auch gleich den gewünschten Erfolg. Mit dem 25mm Oku erkenne ich einen diffusen Fleck zwischen einer Vielzahl von Sternen des Milchstraßenbandes. Mir erscheint das Objekt etwas größer als die im Karkoschka angegebenen 5’. Steigere die Vergrößerung auf 120-fach. Betrachte – genieße – mehrere Minuten; indirektes Sehen offenbart immer wieder kurzzeitig einige Dutzend glitzernder Lichtfünkchen über den ganzen KS verteilt – schön!! Geduld wird momentweise immer wieder belohnt. Aufgelöst? Nein, und trotzdem lohnenswert, für mich eindeutig als KS auszumachen, welcher einen eher flächigen Zentralbereich aufweist. Meine eine leichte Asymmetrie zu erkennen, links oben im Blickfeld eine lichtschwächere Zone im Halo. Was gibt es noch in der Nähe? Aufsuchkarte N18 sagt etwas von 6826 in Cygnus, einem planetaren Nebel.

Nunmehr ist es wunderbar dunkel geworden, das Band der Milchstraße ist gut auszumachen. Wie einen Nebel mit nur 0,5’ vor sternenreichen Hintergrund ausmachen? Ah – ganz in der Nähe ist ein leicht zu trennender Doppelstern –von da kann man sich weiterhangeln.

16 Cyg [6,0m – 6,2m; 39,6“] ist keine Herausforderung bezüglich Leistungsfähigkeit einer Optik, soll auch nur als Orientierung dienen. Ganz in der Nähe von Delta Cyg – der äußeren, rechten Schwinge des Schwans, kann ich schon mit bloßem Auge einen Lichtpunkt ausmachen. Die Gesamthelligkeit de DS wird lt. Karkoschka mit Mag 5.4 angegeben – kann ich direkt sehen und halten, Grenzhelligkeit dürfte jetzt bei etwa Mag 5.6 liegen – super! Mit dem Sucher habe ich wieder Probleme, finde dann doch den DS, auch bei 8-facher Vergrößerung schon eindeutig ein Doppelstern. Sehe ähnlich helle Komponenten, beide mit relativ niedriger Farbtemperatur, gaaanz leicht gelblich, der Stern links einen Tick mehr. Wo ist der PN? Nehme die Aufsuchkarte, drehe diese auf den Kopf (Newton!) und versuche mich zu orientieren. Viele mittelhelle Sterne sind zu sehen – Karkoschka hilft vor dem Milchstraßenband als Hintergrund wenig. Kann die eingezeichneten Sterne nicht mit dem Gesehenen in Einklang bringen. Nach 5 Min kommt mir die Erleuchtung: Nicht stur die Karte auf den Kopf drehen, sondern zunächst nachdem Sternenbild ausrichten und erst dann um 180 Grad drehen – auf einmal geht es, der PN ist gefunden.

6826 wird als „Blinkender Planetarischer Nebel“ bezeichnet. Konnte diesen bei 48-fach ausmachen, als einzigen Lichtpunkt unter vielen mittelhellen Sternen, welcher sich nicht fokussieren lies. Dann über 120-fach, 160-fach bis auf 240-fach vergrößert. Schließlich konnte ich ein relativ helles, kreisrundes Scheibchen erkennen, mit ziemlich hartem Übergang zum pechschwarzen Hintergrund. Nahezu in der Mitte (meine leicht nach links unten versetzt) erkenne ich einen helleren Punkt, den 10 ½ mag hellen Zentralstern. Aufgrund der relativ hohen Flächenhelligkeit ist dieser gar nicht so leicht im Nebel auszumachen. Blinkender Nebel? Warum? Mir kam es – insbes. bei niedrigerer Vergrößerung -so vor, als wäre der PN mal heller, mal dunkler zu sehen – kann aber durchaus auch von unterschiedlichen Einblickwinkel herrühren, das 25 TAL-Oku ist diesbezüglich recht empfindlich. Ohne davon gelesen zu haben, wäre ich nicht auf die Idee einen Blinkenden Nebels gekommen, falls dieser wirklich blinken sollte, dann in sehr kurzen Intervallen. Weis jemand etwas darüber??. Nahm nun erstmals meinen UHC-Filter – bei 120-fach: Der Hintergrund wurde dunkler, auch der PN etwas, sehe nicht mehr als davor.

Bei M57, dem bekannten Ringnebel in der Leier, sollte der Filter aber etwas bringen, ich bin ja schon in der Nähe. Oh je – der Himmel ist im SW völlig zugezogen. Lyra ist aber noch frei. M57 liegt zwischen Beta und Gamma Lyr – doch diese in Sucher identifizieren ... – nach etwa 3 Min. suchen beenden die schnell aufziehenden Wolken meine Ambitionen. Nur im Nord-Osten gibt es noch klare Regionen. Schwenke den Tubus Richtung Kassiopeia. Wow, habe gleich die prächtigen

Offenen Sternhaufen 869 und 864 (h + chi Persei) im Sucher. Welche Pracht!!!. Wird durch das Okular bei schwacher Vergrößerung noch besser!! Beide Sternhaufen gehen ineinander über, so viele Sternenfünkchen – verspüre Ehrfurcht. Stelle den Bügelstuhl zurecht, setzte mich hin, betrachte ... nach nicht einmal einer Minute wird das Bild flau, die Sterne verschwinden – Wolken!! Jetzt ist gar nichts mehr zu sehen.

Die Nacht ist so lau, man hört neben Grillenzirpen nur ab und an den „Sound of TAL“ ein niederfrequentes Geräusch durch den teils böigen Wind verursacht, der aus meiner NaTALia ein Musikinstrument macht. Huuuuuhh ...huuuhhhiiihh ... huuuhh. Etwas unheimlich, wenn man dies nicht kennt. Ich möchte einfach nicht aufgeben. Bringe den Beifahrersitz in Liegeposition und versuche ein Nickerchen im Auto zu machen, auf ausgedehnte Wolkenlücken hoffend. Es ist gegen 0.25h. Alle 5 Min blicke ich kurz auf – von wegen Nickerchen, bin zu ungeduldig. Nach etwa 20 min. gibt es einige Lücken. Der Mars ist auszumachen. Also aussteigen (Augen zu beim Türaufmachen – von wegen Innenbeuchtung und Dunkeladaption). Mangels anderer Ziele also nun doch

Mars. Den wollte ich eigentlich ganz ignorieren. Was sehe ich? Keine volle Scheibe mehr, links „fehlt“ ein Teil, ähnlich man es beim abnehmenden Mond gewohnt ist. Details? Fehlanzeige. Bei 120-fach sind die Kontouren ausgefranst – Seeingproblem bei Horizontnahen Objekt. Die Helligkeit schwankt, fast wie flackern, es ziehen immer wieder Schleier durch; dann ist er ganz weg. Jetzt ist hoch im Osten eine Lücke, die Deichselsterne der Großen Wagens leuchten hell. Was solls? Halte darauf und suche nach

M101! Hatte eigentlich nicht ernsthaft damit gerechnet, doch gleich auf Anhieb gefunden. In den Wolkenlücken ist der Himmel tatsächlich wunderbar dunkel. M101 wie vor 3 Wochen unter guten Bedingungen: Im 17.8 mm Bertele-Okular ist diese GX recht groß zu sehen; Strukturen erahnbar, dann plötzlich ist die GX weg – Sterne rundherum scheinbar noch gleich hell. Selbst ein dünner Schleier macht die GX unsichtbar, dann taucht sie wieder auf. Zunächst ganz verwaschen, dann plötzlich etwas ausgedehnter; mit leichten Konturen, Helligkeitsunterschieden zwischen den Zentrum und den Außenbereichen. 2, 3 Minuten bleiben mir, dann ist es wieder vorbei! Schade – ohne den Wolken wäre es bestimmt ein richtig toll dunkler Himmel! Jetzt, gegen 01.00h ist es immer noch so lau – keine Feuchtigkeit, kein Tau. Lege mich auf den Boden ins Stoppelfeld, das Stroh duftet intensiv. Betrachte den Himmen. Nur Wolken, dazwischen ab und an ein paar Sterne, welche kurz aufglimmen, erstrahlen bevor sie wieder völlig verblassen. Nach einigen Minuten fällt mir auf, dass die Wolken im gesamten östlichen Himmelsbereich silbergrau zu leuchten anfangen, der Mond ist aufgegangen und bescheint die Wolkendecke von unten – reizvoll, doch Sterne wären mir lieber. Ein letztes mal bietet sich mir eine kurze Chance – eine etwas größere Lücke mit markantem Sternentrapez – Dephinus, wie mir Karkoschka dann sagt. Kein KS, GX oder PN in der Nähe, aber zumindest ein DS:

Gamma Del [4.3 – 5.1; 9,2“] Sternbild erkennen: 20 Sek. – Blick in Karkoschka, DS identifizieren : 40 Sek – Tubus ausrichten, DS im Sucher: 30 Sek. - DS im Okular mit Fokussieren: 20 Sek. – Betrachten: 10 Sek – Wolken, ... aus! Ein Farbtemperaturunterschied der beiden Sterne war deutlich auszumachen, für richtiges Betrachten jedoch blieb keine Zeit. Schaue mich letztmalig gründlich um: Vom Mond, der nun auch größtenteils hinter Wolken verschwand abgesehen ist nichts zu erkennen, gebe nun schweren Herzens auf (01.30h).

Fazit: Trotz wenig Beobachtungsmöglichkeit habe ich es nicht bereut aufs freie Feld zu fahren, die ganzen Eindrücke – Geräusche, Gerüche, Wind ... - haben mich auch so aus dem Alltagstrott entführt


Fand im Bett dann keine Ruhe, der Schlaf wollte einfach nicht kommen, erst dann gegen 03.00h.

Beste Grüße und allseits klare Nächte wünscht

Achim
                                              > zurück zur Beobachtungsübersicht