Beobachtungbericht vom 10/11.11.2001, ca. 21.00h – 00.45h

 Ausrüstung:

>Newton-Teleskop , Öffnung 150mm, Brennweite 1200mm, (f/8) – „NaTALia“
>Schiefspiegler, Öffnung 110mm, Brennweite 2720mm (f/24,7), Anastigmatisch Anlage nach Kutter; -„schiefer Anton“
parallaktischer Montierung Vixen GP-E, niedriges Holzstativ

verwendete Okulare: 25 mm Plössel TAL; 17,8mm Bertele; 15 mm Kellner TAL; 10 mm Plössel [Antares]; 7,5 mm Plössel [Omkon];

Ort: Feldweg, ca. 5 km von Emskirchen, 390 üNN
Temperatur: -3,3 C (20.50) ; 5,8 C (01.00h)
Grenzhelligkeit: Siehe Beobachtungsobjekte

Seeing: 2 (zenitnah)

Wetter: strahlender Sonnentag, spät nachmittags mit Wolken, lösen sich mit Einbruch der Dunkelheit völlig auf

Objekte (Nach Kategorien sortiert):
Komet: C/2000 Linear WM1
Galaxien (GX) : NGC772, NGC674, M77, NGC1055, NGC1073, NGC1032

Gasnebel: (GN) M1, M78, M42, M43
Offene Sternhaufen (OC): M35
Planeten: Saturn, Jupiter

Hatte mir gestern eine leichte Erkältung zugezogen, um 19.30 auf dem Sofa (Kinder toben oben noch) fällt die Entscheidung: Heute nacht geht es wieder raus, Erkältung hin- oder her. NaTALia kommt dann auch sofort zum Durchfrieren ins Freie. Einpacken (erst mich: 2 Paar Strümpfe, lange Unterhose, gefütterte Jogginghose, Unterhemd, T-Shirt, Flanellhemd, Kapuzensweatshirt, Schal, lange Lederjacke, dann Ausrüstung, diesmal mit dem Kutter) und los. ALBIREOS haben sich nicht für Kreben angemeldet, da nehme ich meinen nahegelegenen Standardspechtelplatz.

Es ist noch kälter geworden, schon fast –4 Celsius, der Weg ist aber nunmehr abgetrocknet, kein Glatteis mehr. Es ist klar, vielleicht einen Tick weniger als gestern, aber gut dunkel. Deutlich ist das Milchstraßenband auszumachen; orientiere mich, diesmal ist die drehbare Sternkarte dabei. Erkenne den Kopf von Pisces deutlich unterhalb Andromeda, Cetus, der Walfisch ist noch schwer auszumachen, da noch im Osten und durch Streulicht teilweise überstrahlt. Armins Kommentar (Und Aufsuchskizze in TAL-Forum) animieren mich, den Kometen

 C/2000 Linear WM1 – Komet – PER – (m9 – sbr11,5? – 5*8’?) GH 5,0
aufzusuchen. Betrachte die Region oberhalb von Nu Per. Diese Stern ist recht hell und damit gut mit bloßen Auge auszumachen, verwechsele aber zunächst Nu mit Eps und gehe 10 min in die Irre . Nach Armins Beschreibung sollte ich im Sucher fündig werden, erkenne aber auch am richtigen Stern nichts! NaJa, der Nbg. Ballungsraum „verseucht“ die Region im südlichen Per noch etwas. Versuche es durchs Oku und – Bingo!! Der Komet ist deutlich bei 48-fach auszumachen. Rechts oben (Newton) die hellere Zentralregion, der Halo in selbiger Ecke kleiner, der Schweif erscheint sehr breit gefächert, nach links unten orientiert, im Verhältnis zur Objektgröße nicht sehr lang, in den Randbereichen deutlicher ausgeprägt, Nach Linear 2 mein zweiter Komet.

Versuche mich nun an Schwererem , meine Ciel-Aufsuchkarte für die Ecke Aries/Pisces kommt zum Einsatz. Das Sternbild Aries (Widder) besteht im wesentlichen aus drei helleren Komponenten, „unterhalb“ des Triangulums zu erkennen. Peile über den Tubus und habe gleich einen helleren Stern im Sucher. Etwa 1 Grad daneben sehe ich einen weiteren helleren Stern. Meine Beta und Gamma ARI vor mir zu haben und suche nach der lichtschwachen GX

 NGC772  – GX – Ari – (m10,3 – sbr13,9 – 7,5*4,3’) GH 5,6
diese sollte zusammen mit Beta und Gamma Ari ein rechtwinkliges Dreieck bilden, Kathetenlänge etwa 1,3 Grad. Ich suche, und suche, .. nichts!. Flächenhelligkeit von mag13,9 ist für 6 Zoll sehr wenig, das Objekt ist aber nicht sooo klein, sollte gehen. Halt, da ist ja noch ein heller Stern! Gamma Ari war nicht Gamma, sondern Eta Ari, mit Mag 5 deutlich heller als andere Sterne der Region, aber doch viel lichtschwächer als Gamma Ari. Schon der zweite Irrtum, hat sicherlich 10 kostbare Minuten gekostet. Also noch mal, rechtwinkliges Dreieck, ... Treffer, da ist die GX. Schon recht lichtschwach, flächig mit etwas hellerer Zentralregion, ein breites Oval ohne Konturen. Ob die anderen „Fuzzel“-GX ganz in der Nähe wohl gehen? Habe mit NGC691, 678 und 674 drei auf meiner Liste. Von NGC772 aus direkt über Beta Ari, etwa 2 Grad weiter sollte die Gruppe zu finden sein.

Ich suche, und suche, und .. nein, bin nicht falsch, die „Dinger“ sind einfach zu lichtschwach! Nur

 NGC691  – GX – Ari – (m11,4 – sbr13,7 – 3,4*2,5’) GH 5,6
kann ich blickweise indirekt sehen, aber nicht halten. Wie gesehen? Gerade so ausgemacht, gesehen ist übertrieben, für eine Beschreibung reicht es kaum, flächig, rundlich, mehr war nicht. Das war schwer! Bei den Ari-GX kam nur mein 25er TAL-Plössel zu Einsatz, für höhere Vergrößerungen waren die GX eh zu lichtschwach!

Taurus ist nunmehr deutlich höher gestiegen, für die wenigen betrachteten Objekte hatte ich einiges an Zeit benötigt. Mal was leichtes, M1, denke ich mir. Gut ein Grad NO von Zeta Taurus, ein Kinderspiel. Aber ich suche, und suche, und ... kann das sein? MUSS doch gehen, betrachte mehrfach die Karkoschka Aufsuchskizze, komme nicht ganz klar. Sind das diese Sterne? Dann müsste da M1 sein, nein, Hilfe!!. Setze neu auf, ja DEFINITV Zeta Tau. Bin ganz genervt, dann rechts statt links unterhalb ist M1. Mann, wieder ein Anfängerfehler! Zum Objekt:

 M1  – GN – Tau – (m8,4 – sbr11,0 – 8*4’) GH 5,2
auch Krabbennebel genannt. Handelt sich um die Überreste der von Chinesischen Astronomen überlieferten Supernova von 1054. Nicht rund, wie von mir erwartet, mehr länglich, unregelmäßig. Auch mit UHC keine deutlichen Strukturen, selbige aber doch schwach zu erahnen. Betrachte mit 48-fach und 80-fach, o.k., aber kein Highlight.

Betrachte das Firmament. Es ist wirklich klar, Im SO erahne ich einen blassen, regelmäßig wiederkehrenden Lichtstrahl., wie von einem Leuchtturm. Ah- muss der Nbg. Fernsehturm sein. Komisch, ist mir noch nie aufgefallen. Um Aldebaran gruppieren sich die Hyaden, hell und sternreich mit bloßem Auge, SW davon hoch am Himmel die Plejaden, mit bloßem Auge 6 Sterne direkt, ab und zu 1,2 zusätzlich indirekt. Grenzhelligkeit? Bei Umin etwa Mag 5,8, im Zenith noch einen Tick mehr, sicherlich nicht weit von Mag6. GX-Verhältnisse, ab zu Zetus,

 M77  – GX – Cet – (m8,9 – sbr12,8 – 7,3*6,3) GH 5,7
suchen. Schon wieder? Nein, diesmal – endlich – problemlos. Lediglich ein Grad rechts von Delta Cet, mit diesem gerade so gemeinsam in GF finde ich die GX. Markant, nahezu kreisrund mit auffällig hellem, kompakten Zentrum. Verträgt Vergrößerung. Steigere bis auf 120-fach. Bei geringer Vergrößerung leicht mit einem fernen KS zu verwechseln, nun aber eindeutig eine GX. Blickweise erscheint mit die Zentralaufhellung nicht punktförmig sondern etwas unregelmäßig, bin aber nicht sicher. Delta Cet und M77 in GF gehalten sind unterhalb zwei etwas hellere (8-Größenklasse) Sterne auszumachen, darüber liegend,

 NGC1055  – GX – Cet – (m10,6 – sbr13,7 – 7,6* 3,0) GH 5,7
schwach, sehr schwach, aber doch im Blick haltbar, zwischen den beiden Sternen und der GX noch ein Sternchen, Mag10/11. die GX selbst relativ schmal. Entweder weist die GX ein sehr kleines, punktförmiges Zentrum auf, oder mitten in der GX ist ein extrem schwacher Fordergrundstern (Mag 13). Auch hier „tummeln“ sich noch einige GX’en eine davon etwa 1 Grad nach rechts,

 NGC1073  – GX – Cet – (m11,9 – sbr14,2 – 4,5* 4,3) GH 5,7
bewege mich in NaTALias Grenzbereich, der Position gewiss schraube ich vor und zurück. Nur beim „wackeln“ ist die GX blickweise zu sehen, an sonsten nicht mal indirekt. Auch hier gilt, gefunden aber eigentlich nichts gesehen.

Die Füße und Nase sind kalt, Finger taub. Spurte den Weg 100m hin und zurück; bin ganz außer Atem. Vielleicht nicht so gut bei etwa –5 Grad und Erkältung im Anzug. Aber es hilft. Nehme ein weiteres Fuzzelchen in Angriff:

 NGC1032  – GX – Cet – (m11,6 – sbr12,9 – 3,4* 1,1) GH 5,7
einen kleinen Tick « deutlicher » als NGC1073. Scheint etwa in Kantenlage, da sehr schmal. Puh, da habe ich mir fast die Augen verrenkt, es reicht damit. Jetzt will ich endlich mal wirklich etwas sehen.
Seit ich vor 2 Wochen eine Messier-Übersicht gemacht habe, grase ich M-Objekte bei Gelegenheit ab.

 M35  – OS – Gem – (m5 – sbr12 – 28’) GH 5,4
im Zwilling steht nun hoch genug. Auch Orion ist voll aufgetaucht; Rigel stahlt im hellweißen Licht. M35 finde ich oberhalb von Eta bzw. 1 Gem. der große OS „springt“ mich im Sucher fast an. Groß, relativ Sternreich, meist 9, 10 Helligkeitsklasse. Eine wirklich schöne Abwechslung; mir fällt ein auffällig oranger, leicht hellerer Stern rechts unten im OS auf.

Einiges mehr im Süden noch ein OS,

 NGC2264  – OS / GN – Mon – (m3,9 – sbr ? – 20’) GH 5,2
nach Karkoschka ein Offener Sternhaufen, bekannt als Weihnachtsbaumsternhaufen. Diesen Namen trägt der OS wahrhaft zurecht. Durch mein Newton kann man sich sehr gut einen Tannenbaum vorstellen, welcher nach links geneigt steht. Den Stamm am Fuß bildet ein deutlich hellerer Stern. Genau dieser Stern ist von einem deutlichen, länglich-ovalen Halo eingefasst. Der (das?) Halo liegt gewissermaßen unter dem Baum. Ein toller Anblick!. Ciel zeigt mir nun, dass ich mir den Nebel nicht eingebildet habe, da heist es : „nebula, 3 degree diameter“; nun, einen so großen Nebel habe ich nicht ausgemacht, aber doch ein relativ helle Nebelzone.

Orion strahlt nun in ganzer Pracht; da gibt es doch auch noch ein fehlendes M-Objekt:

 M78  – GN – Ori – (m8,0 – sbr12,0 – 8*6’) GH 5,6
orientiere mich am Gürtel der Orion, von Zeta Richtung Alpa eine Linie gedacht, etwas mehr links nach gut ¼ des Weges finde ich das Objekt. Habe nunmehr den Eindruck, dass der Fangspiegel mit Reif beschlägt; die letzte Stunde habe ich ab und an am Oku vorsichtig gewischt, wenn ich dicht an die Linse rangehe, beschlägt diese sofort. Es ist eindeutig am besten, wenn man von oben ins Oku lugen kann, die aufsteigende Gesichtswärme kondensiert ansonsten sofort an den kalten Glasflächen.
Zeta Ori weist ein deutliches, kreisrunden Halo auf, oh je! M78 ist gleich gefunden, aber der GN leidet unter dem Reif; relativ hell, aber keine Konturen, von wegen Staubstrukturen. Etwa 3 Stunden Beobachtung scheinen unter den gegebenen Bedingungen die Grenze zu sein, ehe die Spiegel zusetzen, schade! Wieder nichts mit dem Orionnebel, denke ich.

Lege wieder einen Auffwärmspurt ein; habe noch keine Lust zum aufhören. Kein Problem, habe ja den Kutter dabei; vielleicht Doppelsterne trennen? Zunächst umbauen, eine Sache von 3 Minuten. Warum nicht den Orionnebel versuchen?

Auf einer Decke knieend peile ich M42 an; mit dem 25er Oku bei bereits 109-facher Vergrößerung werde ich gleich fündig:

 M42  – GN – Ori – (m4,0 – sbr11,0 – 90*60) GH 5,6
zufällig passt der Fokus noch exakt vom letzten mal. Blicke ins Oku und ... mir verschlägt es jegliche Töne. Einfach unfassbar!! Es gibt keine passenden Worte für den Anblick. Ich fühle als knie ich vor einem Altar und betrachte die Schöpfung! und staune, staune. Es ist einfach göttlich. Kenne den Nebel noch vom Februar, da hatte ich aus der Siedlung heraus als Vollblutanfängen mit den Newton 3, 4mal das Vergnügen, aber nun. Bekomme noch jetzt beim schreiben der Zeilen eine Gänsehaut. Der Nebel schwebt einem Vogel gleich am Himmel, majestätisch, kann bei der Vergrößerung nur einen Teil überblicken. Mir fehlen einfach die passenden Worte, wünschte ich hätte Ulrikes Talent, um euch die Gefühle und Eindrücke vermitteln zu können. „Technische“ Beschreibungen, wie Konturen, Strukturen, Filamente ... all das wird dem Betrachteten einfach nicht gerecht!.
Im Zentrum tront das Trapez, eingefasst von einer sehr hellen Zone, nicht gleichmäßig grau, sondern voller feiner Strukturen, rechts bald scharf abgegrenzt von einer Dunkelwolke hin zu M43, links graduell abnehmend, bis auch hier eine kleine Dunkelzone Teilbereiche verdeckt. Nach oben eine breite Schwinge, die ganz allmählich an Helligkeit abnimmt, breit, zart ausgefranst, nach unten die andere Schwinge, dünner, länger, schließlich wie ein in sich verdrehter Damaststoff, transparent. Hole den Bügelstuhl, auf niedrigster Position eingestellt, ist genießen im Sitzen möglich. Fahre den Nebel 2, 3, 5 mal ab. Kann mich einfach nicht satt sehen. Vor wenigen Monaten hatte ich behauptet, der Schwanennebel sei ähnlich spektakulär, nun, den hatte ich nicht zwar nicht mit dem Kutter anvisiert; im Moment gebe ich ihm aber KEINE Chance verglichen zu M42.
Der Schiefspiegler beweist mal wieder, bei helleren Objekten ist es ein geniales Teleskop! Wieder beim M42-Trapez angelangt, steigere ich die Vergrößerung: 15mm-Oku: 181-fach, 10mm – 272-fach. Die vier Hauptkomponenten liegen meilenweit auseinander; das Seeing scheint auch sehr gut, zwar wabern die Lichtpunkte etwas, aber nicht viel, nehme nun das 7,5mm: 363-fach! – too much!. Die Sternchen schwimmen richtig etwas herum, meine manchmal selbige doppelt zu sehen, zumindest die beiden helleren.
Ich wollte die E- oder F-Komponente erspähen. Unterhalb des hellsten der 4 Sterne, außerhalb des Trapezes meinte ich auch ein Fünkchen zu erhaschen; Vergleiche meine Skizze mit einer Karte, die mit Klarinetto im März zugesendet hatte. Die Position deckt sich mit der F-Komponente!

Nach gut 30min M42/M43 bin ich immer noch euphorisch, betrachte nun noch Jupiter, dann Saturn. Wirklich gut und sehr hell, kontrastreich, scharf – gutes Seeing!. Irgendwie gelingt es mir aber nicht, mich auf die Prachtplanenten zu konzentrieren, die Eindrucke von M42 lassen mich nicht los. Mit abnehmender Begeisterung spüre ich auch die Kälte wieder, der Hals schmerzt stark beim schlucken, die Finger sind taub. Zeit zum Aufhören – nach fast 4 Stunden in der Kälte.

Nach unruhiger Nacht mit schluckbeschwerden hoffe ich, dass ich die Erkältung in den Griff bekommen, auch wenn nicht – es war es Wert!

Sternenfreundliche Grüße von

Achim
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