Bericht vom 23.03.2003; 20.55h bis 23.30h

Ausrüstung:
Newton-Teleskop , Öffnung 350mm, Brennweite 1790 mm, (f/5,11) PHOENIX auf
Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 32mm Wide-Angle (mod. Erfle); 25mm TALPlösel; 13mm Nagler Typ1, 10mm Plössel (Omcon), 7mm Siebert
Ort: freies Feld, ca. 5 km außerhalb Emskirchen, ca. 390 m üNN
Temperatur: 20.40h 3,5 C; 23.40h - 1,4 C
Seeing: 4

Wetter: strahlend blauer Himmel dank stabilem Hochdruckgebiet

Objekte: (Reihenfolge der Beobachtung)
Galaxien (GX): M65, M66, NGC3628, M95, M96, M105, NGC3384, NGC3373, NGC3377, NGC3367, M104, NGC4494, GC4565
Kugelsterhaufen (GC): M68
Planeten: Jupiter

1st Light meines Eigenbau/Selbstschliffes!! Eigentlich schon gestern, nur hatte ich da einen rabenschwarzen Tag, und war letztendlich völlig gefrustet. Ich hatte mich unter Druck gesetzt, war unendlich nervös, ausgelaugt von einer langen Woche, angespannt und verspannt, da ich meinen Bügelstuhl vergessen hatte. Heute ein neuer Anlauf.

Heute frage ich mich, warum ich gestern nicht in Ruhe gespechtelt hatte, irgendwie bin ich von einem Objekt zum anderen gehetzt. Auch mit meinen 14-Zoll sind die GX'en nicht wie Fotoaufnahmen (klar!) insgeheim habe ich scheinbar mehr erwartet und war unterschwellig der Meinung, einen Gurkenspiegel geschliffen zu haben. Mann, richtig bescheuert!

Am besten den Abend vergessen und neu in aller Ruhe versuchen, mit Stuhl und gedämpften Erwartungen. Gedacht, getan.

An gewohnter Stelle baue ich den Gitterrohr-Dobson auf. Der Himmel ist ordentlich dunkel, Sirius flimmert recht deutlich. Die Seeing-Erwartung ist niedrig, da immer noch mäßiger Ostwind bläst. Aufbauen bei Tageslicht habe ich einige male geübt, im Dunkel habe ich dies auch schon 3mal erledigt. Diesmal braucht es etwas länger, die oberen Stangenenden in die Klemmblöcke zu bekommen. Ganz ohne Licht muss ich mich aufs fühlen Verlassen, ich denke zukünftig erledige ich dies unter Rotlicht.
Sonst gehen die Handgriffe recht flott: Basisdreieck hinlegen, Rockbox draufstellen, Spiegelbox auf die Telfonpads, Stangen in untere Klemmblöcke stecken, Hut aufsetzen, Schnellspanner (4 oben, 4 unten) paarweise schließen, Riegel Quickfinder aufstecken, Akku seitlich anstecken, Stromkabel in Buchse, Suchernewton anstecken, Spiegelabdeckungen entfernen, fertig mit Aufbau. Dann noch schnell Riegel und Suchernewton justieren.

Ich schalte die HS-Belüftung an (Spiegelbox war bereits 2h im freien gestanden) und sehe mich um: Ordentlich dunkel!! An Polaris ermittele ich grob die GH: sicherlich Mag 5,4, vielleicht sogar einen Tick besser. Im Osten gewohnt die Streulichtglocke Nürnbergs, doch strahlt diese nur moderat nach oben. Orion im Osten hat die Kulmination bereits hinter sich, Auriga hat den Zentith schon geräumt. Leo steigt in O ,empor während Bootes noch relativ niedrig auf der Seite liegt.

Ich steige im Leo ein, mit meinen Aufsuchhilfen genial einfach: Suchnewton REITERLEIN (106mm) kombiniert mit dem Rigel am Hut (die Basis habe ich heute morgen ein paar cm versetzt, kommt sonst den großen 2-Zoll-Okus in die Quere). Ist schon fein, wenn
man (so ziemlich) alle Messier-Objekte gleich im Sucher sehen kann. Etwa 2 ½-Grad südlich von Thea Leo erkenne ich im Sucher gleich 2 GX’en. Mit PHOENIX Im 32er Oku habe ich gleich ein GX-Triplett zusammen im GF:

M65 GX LEO (m9,3 sbr12,9 ; 9,0*2,3') GH 5,5
M66 GX LEO (m8,9 sbr12,7 ; 9,1*4,1') GH 5,5
NGC3628 GX LEO (m9,5 sbr13,4 ; 13,1*3,1') GH 5,5
Mit meiner Mindestvergrößerung von 56-fach sind die 3 GX'en leicht zusammen überblickbar. Die M-GX'en sehr hell, NGC3626 etwas blasser. Über das 25er TAL-Plössel wechsele ich zum13er Nagler. Die Helligkeit reicht locker für 138-fache Vergrößerung aus. Ein riesiger Schritt verglichen zu 8 oder gar 6 Zoll Öffnung. M65 weist einen sehr langen, gestreckten Halo auf, steht fast senkrecht im GF. Markant helles, relativ kleines Zentrum, länglich mit runden deutlichen Helligkeitsmaximum. 3 Vordergrundsterne nahe de GX: auf 5h etwa 3' entfernt etwa Mag 13, auf 10h in ähnlicher Distanz Mag 14, auf gleicher Höhe mit dem Zentrum, knapp daneben ein Lichtfünkchen an der Wahrnehmungsgrenze, um Mag 15. Bin mir mit der Helligkeitseinschätzung nicht sicher, habe verglichen zum 8-Zöller einfach jeweils 1 mag zugerechnet.
M66 steht von 11h nach 5h schräg im GF, der Halo ist hier deutlich breiter, zeigt mir Strukturen, ich meine eine jeweils ober- und unterhalb einen wenig gebogenen Spiralarm zu erkennen. Innerhalb des Halos ein markant heller Mag10 Stern.
NGC3625: liegt waagrecht im GF, wie Orion-8 der Raumpatroulie nach dem Start aus dem Meeresstrudel. Bei 138-fach ein richtiger Brummer! Mit der Zeit offenbaren sich mir mehr und mehr Details, unterhalb der Hauptachse ein schmales Staubband, langgezogenes, wenig auffälliges Helligkeitsmaximum. Knapp oberhalb des Zentrums ein Vordergrund-Lichtfünkchen 14. Helligkeit. Einfach schön, zum genießen. Ich erlebe die GX'en völlig neu, alle mit meinen "alten" Teleskopen betrachteten Objekte werden mir viel neues Bieten, wie ein neuer Sternenhimmel! Freude breitet sich in mir aus.

Einen 30 Sekunden 8-Grad Schwenk Richtung Westen führt mich zur nächsten LEO GX-Gruppe:

M105 GX LEO (m9,3 sbr12,8 ; 5,3*4,8') GH 5,5
NGC3384 GX LEO (m10,9 sbr13,6 ; 5,4*2,7') GH 5,5
Ich habe nur meinen Karkoscha dabei, bin zunächst irritert. Bin bei M105 / NGC3384 aufgeschlagen und sehe in unmittelbarer Nähe zwei helle GX'en. Meine Helligkeits- und Größenangaben entnehme ich immer Ciel, die dort für NGC3384 angegeben Werte sind aber eindeutig zu niedrig. NGC3384 ist fast ebenso hell und deutlich wie M104, ein sbr-Wert von nur 13,6 ist zu niedrig! Beide GX'en mit markant hellen, fast punktförmigen Zetralbereichen, auf den ersten Blick fast wie Zwillinge, auf den zweiten erkennt man gut die mehr längliche Form von NGC3384. Eine weitere GX

NGC3373 GX LEO (m12,5 sbr13,7 ; 2,9*3,1') GH 5,5
steht in nur 7' Abstand zusammen im GF, bei 138-fach ein schönes Triplet. NGC3373 mit gänzlich anderem Charakter, ohne merklicher ZH, wirkt wolkig, eine unregelmäßige GX? Rechts von NGC3373 eine markante Sternengruppe, 3 Mag 11/12-Sterne übereinander, oben ein weiterer rechts versetzt, der mittlere der 3 Sterne jeweils links und rechts schräg mit einem Mag 12/13-Fünkchen eingefasst.
Wieder im Überblicks-32er ebenfalls gleichzeitig noch mit im GF mit erkennbar:

M96 GX LEO (m9,3 sbr13,1 ; 7,8*5,2') GH 5,5
schräg im GF, ovales helles Zentrum, Strukturen im Halo, Arme? auf 9h dicht an der GX ein Vordergrundstern Mag 13

M95 GX LEO (m9,7 sbr13,5 ; 7,3*4,4') GH 5,5
wiederum zusammen mit M96. Mehr rundlich-flächig, sehr hell mit punktförmigen Zentrum.

Mist, ein Auto kommt meinen Weg entlanggefahren, ich stehe seitlich, muss aber den Tubus schwenken. Mache die Augen zu spät zu, da ist die Adaption ziemlich dahin. Der Fahrer hat sich bestimmt gewundert: auf einsamen Weg steht da jemand neben einem komischen Instrument und kehrt einem den Rücken zu!

Zurück zur Leo-Gruppe. He, da sind noch mehr GX'en in der Region! Grob 1 ½ Grad nördlich stolpere ich über

NGC3377 GX LEO (m10,4 sbr13,4 ; 4,3*2,6') GH 5,5
wie ich eben in der Nachbereitung sehe. Spielend leicht auszumachen. Ein GX-Oval, flächig ohne markante ZH, gleich in der Nähe dann

NGC3367 GX LEO (m11,5 sbr13,2 ; 2,5*2,4') GH 5,5
sehr deutlich und hell, auch im 13er Nagler bei 138-fach. Mit 8-Zoll sicher nicht einfach, nun ein Kinderspiel. Aufgrund der nun möglichen höheren Vergrößerungen nochmals viel besser beobachtbar. Nicht auffinden, betrachten heißt nun die Devise! Runde GX, nahe zwei identisch helle Mag 12 Sterne, auf 12h bzw. 10h gelegen. Ab und an blitzt im GX-Zentrum ein Lichtfünkchen auf, sicher ein grenzwertiger Vordergrundstern.

Kein Vergleich zum gestrigen misslungenen Abend, heute macht es richtig spaß! Wenn ich mich richtig an PHOENIX gewöhnt habe, werde ich wieder auf GX-Fuzzel-Jagd gehen, nur sind jetzt tausende im Bereich der Möglichen. Und nun? Denke an die Herings-GX in Coma Berenices. Beim Blick in den Karkoschka bleibe ich auf E12, der Seite davor hängen. M104, die Sombreo-GX? Warum nicht. die GX steht knapp 30 Grad über dem Horizont, Richtung OSO, die Region ist etwas streulichtgeschädigt. Stelle den Bügelstuhl ganz niedrig. Ich habe den Hut so gefertigt, dass der Einblick in einem Winkel von ca. 20 Grad zur waagrechten erfolgt, man kann auch horizontnah recht entspannt ins Oku lugen. Beim Newton-Sucher ist es ähnlich, nur ist da der Winkel 45 Grad, der Einblick sogar etwas höher.

M104 GX VIR (m8,0 sbr11,6 ; 8,6*4,1') GH 4,8
Im Sucher unter genannten Bedingungen gerade so erkennbar, dann mit PHOENIX im 32er: Ahhh!!! Wunderbar. Gleich im 13er: der Sombreo umgekehrt. Wunderbar deutlich das Staubband, mit Strukturen, am Rand oben und unten ausgefranst. Wie eine Lichtglocke (nach unten) leuchtet der helle Halo aus Milliarden von Sonnen. Hell genug für stärkere Vergrößerung. Nach dem 10 nehme ich das 7erSiebert: 256-fach. Deutlich flauer, aber immer noch gut ausmachbar. Kein Gewinn an Details aber nun riesig groß im GF. Durch die hohe Vergrößerung ist der Hintergrund deutlich dunkler. Das Seeing ist leider nach wie vor schlecht, man, wie muss die bei guten Bedinungen erst wirken!

Wieder im 32er fällt der deutlich aufgehellte Himmel auf. Schon in der Region will ich M68 noch mitnehmen. Diesmal suche ich sicherlich 10min, Nur gut 10 Grad über dem Horizont stehend ist der GC fast völlig im Streulicht abgesoffen.

M68 GC HYA (m8,2 sbr13,0 ; 9,8*9,8') GH 4,0
Blass, sehr blass sehe ich den GC. Für das 13er reicht die Helligkeit noch aus. Der Hintergrund ist gräulich-hell. Verweile nur kurz. Über die ges. Fläche sind Einzelsterne gerade so erkennbar. Bei dieser niedrigen Stellung habe ich nun Balanceprobleme. Beim 450g 32er Oku noch nicht, das 13er Nagler mit 720g dann schon. Wenn ich die Teflon-Pads ganz außen auf die Radien der Rockerbox klebe, müsste der Reibungswiderstand etwas größer werden. Mal sehen.

Es zieht mich in den Coma-Haufen. Peile nach oben. Da kommt wieder ein Auto gefahren, grr! Gleiches Spiel wie vorher, nur kneife ich diesmal die Augen früher zu, um die Adaption zu erhalten. Mit noch geschlossenen Augen stoße ich an den Riegel, der springt aus der Halterung (nicht richtig eingeklipst, mist!) und fällt zu Boden. Ich höre etwas wegspringen! Gott sei Dank nur die Batterie, mit Rotlicht ist diese auf dem Weg schnell wieder gefunden, dem Rigel ist nichts passiert. An Polaris wird dieser wieder justiert. Seeing: mäßig bis schlecht, schlechter, als durch das Gesehene erwartet. Überprüfe die GH: Besser als Mag 5,6! Eine der dunkleren Nächte für diesen Standort.

Jetzt aber Coma: Die Orientierung gelingt ob der Vielzahl an Hellen Sternen nicht auf Anhieb. Ich mache im Gewimmel eine markante Y-Sternengruppe aus, die finde ich im Karkoschka wieder, Ab dann ist es einfach. Mit dem Auge am Sucher wird Stargehopt. Kurz über

NGC4494 GX COM (m9,8 sbr12,9 ; 4,5*4,3') GH 5,7
GX mit hellem Kern, relativ schnelle Helligkeitsabnahme zum runden, strukturlosen Halo. Hin zu

NGC4565 GX COM (m9,6 sbr13,3 ; 14,9*2,0') GH 5,7
eine GX wie ein Strich! Ich bin platt. Poh, man, mir fehlen die Worte. Ich hatte versehentlich noch das 13er Oku im Auszug gelassen. Was für ein Anblick. Riesig lang, über gut 1/3 des riesigen Nagler-GFs erstreckt sich die GX. Deutlich entlang der Hauptachse in der Mitte ein Staubband, das Zentrum wie eine ufgesetzte Lichtkugel. Direkt schon beeindruckend, sind mit indirektem Sehen mehr und mehr Details auszumachen, das relativ feine Staubband wird noch deutlicher, die GX noch langgestreckter. Ein absoluter Mega-Anblick, bin ganz begeistert! Und noch so hell!. Nehme das 7er Siebert. Die GX durchschneidet völlig das scheinbare GF von ca. 65 Grad, ein schmales, diffuses Band mit dem Zentralen Blopp, geteilt durch das Staubband. Nicht mehr an Details, um ehrlich zu sein, nicht so gut wie im 13er. Aber absolut beeindruckend. Mit meinem neuen Teleskop ist die Tür zu einer neuen Spechteldimension offen. Wieder mit dem 13er betrachte ich sicherlich noch 10min, glücklich.

Beschließe kurzerhand es dabei zu belassen. Nein, doch nicht ganz, noch einen Blick auf Jupiter, der gegen 23.20h den höchsten Punkt längst überschritten hatte. Autsch! Trotz 7er Oku schmerzend hell! Seeing immer noch mäßig, Details wie in einer durchschnittlichen Nacht im 8-Zöller, nur deutlich heller. Ganz selten für Bruchteile deutlicher. Mal sehen, wie der unter besseren Bedingungen wirken wird.

Klaren Himmel wünscht


Achim
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