Bericht vom 23.01.2004; 08.00h bis 00.00h
Ausrüstung:
Newton-Teleskop , Öffnung 350mm, Brennweite 1790 mm, (f/5,11)
PHOENIX auf
Dobsonmontierung
verwendete Okulare: 30mm
Zeiss-Militär-WW; 13mm Nagler Typ1, 9mm Nagler Typ6, 5mm Nagler
Typ6; 2,5-fach Powermate
Ort: Waldrandlage, ca. 4 km
außerhalb Emskirchen, ca. 390 m üNN
Temperatur: 08.00h -7,3 C; 00.10h -9,6 C
Seeing: 3
Wetter: heute tagsüber recht sonnig
mit vereinzelt Schleierwolken, mit Dämmerungsbeginn zunächst
zuziehend, dann aufklarend
Objekte: (Reihenfolge der Beobachtung)
Planetare Nebel (PN): M42, M43
Mehrfachsysteme
(DS): Delta And; Zeta Ori
Galaxien
(GX): NGC891, NGC910, NGC1003
Komenten:
C2002 T7 Linear
Kugelsternhaufen
(GC): M79
Heute
komme ich früh nach Hause, das schöne Wetter hatte viele
Arbeitkollegen
heim gelockt, ich nütze die Gelegenheit und bin auch schon gegen
16.00h
von der Arbeit zurück. Am Tisch liegt ein Zettel: Mike anrufen, ah
super!
Mike ist ein Sternenfreund, der
kürzlich einen
Teleskopselbstbau fertig gestellt hat, wir wollten zusammen 1st Light
spechteln. Ich rufe zurück, wir vereinbaren, dass ich gegen 19.00h
bei
Mike aufkreuze. Um 18.00h geht das Telefon, Mike ist dran. "Wie sieht
bei dir der Himmel aus" - ich schaue auf die Terrasse: "klarer Himmel"
- bei mir zieht es von Osten her zu, sagt er. Ups!, wir machen aus, das
Mike zu mir kommt. Bevor er los fährt, telefonieren wir uns
nochmals
zusammen. Hmm - hoffentlich bleibt es klar. Nächster Anruf 18.45 "
und
?" nun ist zieht es bei mir zu!, bei Mike ist es wieder klar, doch
zieht dies nun auch in meine Richtung. Es bleibt dabei, es wird bei mir
gespechtelt.
Erst wird noch kurz geplaudert, ich
zeige schnell
noch meine Neubauten vor, dann mummle ich mich ein, los geht es, zum
nahegelegenen Spechtelplatz. Ich baue schnell auf, bei Mike dauert es
länger. Klar, ein neues Teleskop, da sitzen die "Abläufe"
noch nicht so
ganz. Hier ist ein Dobson einem paralaktisch montierten Teleskop
überlegen. Aber was für einem. Mike hat um seinen 12
½-Zoll
Lomo-Spiegel einen Kohlefastertubus (selbst hergestellt!) gebaut, der
wird in selbstgefertigten Rohrschellen auf einer Losmandy-Montierung
gehalten. Ein imposantes Teleskop. In Summe kommt das Teleskop mit
stattlichen Gegengewichten auf über 50kg. Die motorische
Nachführung
ist was feines, absolut entspanntes Sehen wird dann möglich werden.
In
der Zwischenzeit habe ich justiert (Polaris wabert noch heftig), und
mich an M42/M43 warmgesehen. Über den Orionnebel hatte ich gestern
geschrieben, es gab keine zusätzlichen Eindrücke.
Der Himmel?
Deutlich besser als Tags zuvor! Vom ersten Eindruck sehr klar, zeigt
die Grenzhelligkeitsabschätzung, dass es keine Spitzennacht wird.
HR6034 in Umin ist gerade so erahnbar, also etwa Mag5,5 - sehr
ordentlich!
Während Mike noch etwas
werkelt, und dessen 12cm Lüfter
den Spiegel herunterkühlt (saugend), zieht es mich hoch zu
Andromeda,
genauer NGC891.
Zunächst eine Überaschung.
Ich beginne den Starhop von Delta And, Alamak, und sehe - einen
wunderschönen bunten Doppelstern!
Delta And DS AND ([mag2,2 - mag 4,9; 9,6"]
ein
toller Farbkontrast! Die deutlich hellere Komponente gelb-orange, der
mit knapp Mag5 auch noch recht helle Begleiter bläulich weis.
Birgit
hatte mal was von einem Winter-Albireo geschrieben, bestimmt war es
dieser traumhafte Doppelstern; eine schöne Überraschung
für mich!
3 oder 4 markante Sternengruppen
führen mich zu
NGC891 GX AND (m9,9 sbr13,6
; 13,1*2,8') GH 5,6
einer
richtigen Spindelgalaxie! Zunächt im 30er Oku, dann ausgiebig im
13er
bei 137-fach. Die Flächenhelligkeit der GX ist recht niedrig,
reicht
für die Vergrößerung aber noch gut. Sehr langgezogene
Spindel, etwa 4
bis 5 zu 1. Nach und nach wird die Ausdehnung deutlicher. Ausrichtung
etwa von NNO nach SSW. Im Halo, knapp unterhalb der Hauptachse etwa
gleich weit vom Zentrum entfernt je ein Mag13 Fordergrundstern, zum
Halorand oberhalb des Zentrums (O) zwei Mag 14-Fuzzelchen. Mike
betrachtet etwas mit, spricht von einem Staubband. Ja, er hat recht!
Längs der Hauptachse, zentral ist die Aufhellung in einen schmalen
Streifen verringert, die GX fast durchschnitten. Mir fehlt
Spechtelpraxis, zu lange waren die Zwangspausen, sonst wäre mir
das
selbst gleich aufgefallen. Ich verweile einige Minuten. Ganz in der
Nähe, nur wenig mehr als ein 13er GF-Durchmesser finde ich
NGC910 GX AND (m12,2
sbr13,7 ; 2,0*2,0') GH 5,6
ohne
Kenntnis der Position wäre ich vermutlich darüber hinweg
gezogen. Dann
aber doch gut direkt haltbar. Eine unscheinbare, rundliche GX; das
Zentrum merklich heller als der schmale blasse Halo. Ciel offenbart mir
nun, dass hier ein ganzes GX-Nest vorhanden ist. Bei dunklerem Himmel
wären sicherlich zumindest NGC898 und NGC914 mit ca. Mag13
Gesamthelligkeit gegangen. Ich wusste nicht um diese Gxen, ins Auge
sind sie nicht gesprungen. NGC910 bildet mit zwei schwachen (Mag 13,5?)
Vordergundsternen ein gleichwinkliges Dreieck, mehr hatte ich nicht
vermerkt.
Mike ist fertig, nun wird die
Justage am Stern,
Polaris überprüft. Der Laser hatte gezeigt, dass die
Justierung den
Transport gut überstanden hatte. Dank Zwangsbelüftung ist das
Bild
schon relativ ruhig, obwohl der Spiegel noch temperiert. Die
Beugungsringe waren klar definiert. Der Startest ist nahe am Fokus bei
hoher Vergrößerung brutal empfindlich, intrafokal war der
Äußerte Ring
spürbar stärker betont als die anderen, extrafokal umgekehrt
was auf
etwas Unterkorrektur hindeutet. Wir haben keinen exzessiven Startest
gemacht. Der Polaris-Begleiter war so schon klar und scharf bei 1mm AP
definiert, dass an der Qualität der Optik nicht gezweifelt werden
müsste.
Ich habe meine Karte für den
Kometen C2002 T7
vergessen. Mike hat diesen bei sich schnell über Koordinaten
eingestellt. Zunächst will ich noch eine GX betrachten,
NGC1003 GX AND (m11,4 sbr13,8 ; 5,7*2,2') GH 5,6
drei-
oder vier mal muss ich neu aufsetzen, in dem Sternengewimmel verfranse
ich mich immer wieder! Dann meine ich richtig zu sein und sehe
– nichts. Kann nicht sein, wieder zurück, nochmals, und
nochmals. Insgesamt sicherlich 15 Minuten kämpfe ich. Ich meine
richtig
zu sein, sehe eine Mag10-Stern an der Position, aber keine GX im 30er
Oku. Bei immerhin Mag11,4 Gesamthelligkeit dürfte diese GX kein
Problem
sein. Meine einzige Erklärung: ich war immer falsch. Keine
Sichtung!
Mit Mikes Hilfe versuche ich es nun
auch, doch brauche ich einige Minuten, bis es klappt.
C2002 T7 Komet PEG
Hell
ist der Komet! Mike schätzt Mag 6,5, ich tendiere mehr zu Mag7.
Die
Einschätzung der Gesamthelligkeit ist - zumindest für mich -
sehr
schwierig. Ganz deutlich und recht hell der zentrale Kometenhalo, bei
etwas höheren Vergrößerungen mit markanter
Zentralkondensation. Der
Halo läuft ganz diffus aus. Der Schweif ist sehr breit,
geschätzter
Öffnungswinkel 70 Grad und nicht sonderlich lang , grob von O nach
W
ausgerichtet. Zunächst dachte ich, im Vergleich zu einer schwachen
3er
Sternenkette im Hintergrund eine leichte Bewegung bemerkt zu haben, den
Eindruck musste ich dann revidieren. Nicht schlecht, der Komet.
Hoffentlich haben wir Gelegenheit dessen Entwicklung zu beobachten.
Kalt
ist es! Heute geht ab und an ein merklicher Luftzug, bei fast minus 10
Grad spürt man so etwas sofort. Ich bin (noch) ohne Handschuhe,
die
Finger schmerzen langsam, nach den langen Starhoping, immer mit
zumindest einer bloßen Hand am Teleskop.
Nun schweift der
Blick: Richtung Süden herscht sehr gute Horizontsicht. Unter Orion
ganz
deutlich Lepus, links davon Canis Major mit dem gleißenden
Sirius. Gibt
es in Lepus sehenswertes? Im Karkoschka ist lediglich M79 verzeichnet.
Warum nicht?
M79 GC LEP (m12,2 sbr13,7 ; 2,0*2,0') GH 5,6
Ausgehend
von Beta Leb mit dem Auge am Sucher-Oku ist der Kugelsternhaufen
schnell gefunden. Hell genug, um im 106mm Newton-Sucher erkannt zu
werden. Dieser GC steht deutlich außerhalb unseres
Milchstraßensystems,
ca. 40.000 Lichtjahre entfernt. Zunächst nur ein verwaschener
Fleck.
Ich greife zum 9er Oku und versuche es mit 200-fach. Mit etwas Geduld
wird es besser, nach und nach offenbaren sich einzelne Fünkchen.
Die
Sternchen sind nicht gerade Nadelscharf, aber doch separiert. Um die
massive Zentralkondensation gruppieren sich mehrere Dutzend von
Sternchen, der Zentralbereich erscheint nur leicht granulär.
Mike
will am Pferdekopfnebel sein Glück versuchen, diese Nuss ist
jedoch für
diese Nacht zumindest zu hart. Mir fällt ein, Alnitak in der Ecke
ist
doch ein Mehrfachsystem!
Zeta And DS ORI ([mag1,9 - mag 4,0; 2,4"]
obige
Daten stammen aus dem Karkoschka; im Gedächtnis hatte ich ein
4-fach-System, war mir aber nicht sicher (Ciel zeigt mir nun ein
4-fach-System). Bei 200-fach im 9er Oku kann ich in ruhigen Momenten
deutlich eine separate Komponente erkennen, Der Hauptstern will aber
nicht wirklich sauber scharf werden. Nun meine ich zu wissen, woran es
lag: es waren mehrere Sterne, die nicht getrennt waren.
Mike
versucht es auch, zunächst mit über 300fach, da ist eine
Trennung nicht
klar, bei etwa 200-fach sind auch zwei Komponenten getrennt.
Der
Helligkeitsunterschied der Komponenten war schon recht deutlich, die
Hauptkomponente fast schon gleißend, trotzdem fanden wir beide
die
Trennung nicht berauschend.
Uns wurde kalt, Mikes heißer
Tee hilft etwas, noch fast Bewegungslos mehrere Stunden im freien
merken wir schon.
Nun noch ein Objekt: Saturn!
Und
da bleiben wir eine geschlagene Stunde hängen, einfach wunderbar!
Zunächst hat Mike hier ein Problem, das Bild ist wenig scharf, bis
die
Ursache lokalisiert ist. Der Lüfter verursacht Vibrationen, die
Kontraste verwischen. Ohne Lüftung ist Saturn knackscharf. Es gibt
noch
ein weitere Erschwernis. Mike hat sein Teleskop noch nicht auf der
endgültigen Säule, momentan ist es noch die Säule vom
TAL2 . Das ist
von den Schwingungen her bis 300-fach gut erträglich, doch ist die
Säule einfach zu hoch! Trotz eines Koffers zum Draufsteigen waren
Objekte höher als 60 Grad nur schwer erreichbar, nur mit
Tubusdrehen
und strecken war Saturn möglich.
Der 12 ½ Newton hat uns mit
wunderbaren Planetenbilder für die Unbill fürstlich
entschädigt.
Zunächst
konzentriere ich mich auf die Monde. Heute sind meine Okus nicht
zugefroren, wenig Streulicht offenbar mehr Kontraste und - mehr Monde!
Nördlich, nicht weit vom Ringsystem und fast parallel dazu Thetys,
Dione und Rhea, 3 Ringsystem-Durchmesser nach SO der helle Titan, noch
einen Ring-Durchmesser mehr südlich Iapetus. Fast genau auf der
gegenüberliegenden Seite in ähnlicher Entfernung ein weiterer
Lichtfunken: Hyperion? Die Position passt exakt, nur ist mit der
Lichtpunkt etwas heller als die in Ciel angegebenen Mag 14,0
vorgekommen. Ganz eindeutig ist ein weiteres, klares Pünktchen
erkennbar: Encelade.
Beide Teleskope waren nun
gänzlich ausgekühlt,
das Seeing gut, ja manchmal sehr gut. Saturn einfach zum
schwärmen, die
Kälte haben wir kaum wahrgenommen. Obwohl - meine Finger waren
jedoch
so klamm, dass mir Mike einmal beim Aufschrauben der Oku-Klemmung
helfen musste, mit ganzer Willensanstrengung konnte ich das
Schräubchen
nicht richtig fassen, die Finger wie eingefroren. Egal, Saturn schauen,
schauen! (das Angebot von warmen Handschuhen habe ich trotzdem dann
angenommen). 360-fach? Knackscharf. 498-fach? Gut! Ganz plastisch
schwebt die Planetenkugel in weit geöffneten Ring,
Atmosphärenstreifen,
ganz deutlich, Cassini zum Steine durchwerfen, der etwas dunklere
äußerste Bereich des A-Rings, alles da, ab und an Enke. Ich
werde
übermütig: 2,5er Powermate mit 5er Oku = 895-fach! Der
Kontrast geht in
den Keller, Für Bänder und eine meilenbreite Cassini-Teilung
reicht es
noch. Saturn ist nun riesig, nachdobson eine Daueraufgabe. Zurück
zu
360-fach und einfach weitergenießen.
Als die Eurphorie abklingt,
spürt man die Kälte um so intensiver, wir bauen ab. Blick auf
die Uhr:
kurz nach Mitternacht, wir haben über 4 Stunden ausgehalten!
Bei
mir zu Hause mache ich heißen Tee, wir plaudern noch fast 1
½ Stunden,
bis Mike die 40-Minutenfahrt Richtung Heimat antritt. Es war ein
wirklich schöner Sternenabend.!! Wiederholung nicht ausgeschlossen.
Viele Grüße
Achim
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