Bericht vom 21.01.2007; 20.30h – 23.20h
Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 506mm, Brennweite 2385mm, (f/4,7) Ursus
Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 26mm Nagler Typ4 ; 17mm Nagler Typ 4; 13mm Nagler Typ1, 9mm Nagler Typ6, 7mm Nagler Typ6, 5mm Nagler Typ 6
Ort: Waldrand, ca. 1,5km außerhalb Losauchrach, ca 400m ÜNN
Temperatur: 20.30h +3 C ; 23.30h +2 C
Seeing: 2 -


Wetter: morgens blauer Himmel mit Schleierwolken, tags bis 4/8-Bewölkung, abends wieder aufklarend, windig (tags Stärke 5 bis 6, nachts immer noch 4 bis 5)

Beobachtete Objekte:
Offene Sternhaufen: Berk19, NGC1893, OCL450
Nebel: NGC1985, IC410, IC405, M42, M43
Galaxien: LYNX: NGC2783, NGC2798, NGC2799, UGC4904
Supernova: SN2006JC (Versuch)
Quasar: SCO199
Planeten: Saturn

Im Unterschied zu unseren Astrokollegen im Norden der Republik haben wir im Süden einen eher überdurchschnittlichen Beobachtungs-“Winter“. Mir war wieder das Glück hold, entgegen meiner Erwartungen konnte ich gestern abends nochmals losziehen, bei anfangs guten Bedingungen.

Gegen 18.30h zeichnet sich ab, dass es mit Spechteln etwas werden könnte. Seit ich meinen Astroschuppen habe kann ich das ganz entspannt abwarten: kein rausschleppen der Spiegelzelle möglichst viele Stunden vor Beobachtungsstart, statt dessen einfach warten ;-) Ein weiterer Vorteil: auch wenn der Hauptspiegel schon 2h im Freien war, so war dieser trotz nur 37mm Randdicke im Kern auch nach dieser Zeit noch nicht im thermischen Gleichgewicht, bis voll losgelegt werden konnte brauchte es noch etwas Zeit. Da der Schuppen auch dicht an der Garage steht, gestaltet sich das be- und entladen leichter und schneller.
Wegen des doch recht starken Windes stelle ich mich nicht aufs freie Feld, sondern suche Windschatten am Waldrand. Von der gewohnten Stelle aus einfach 300m weiterfahren. Der Westen ist nun verdeckt, von NO bis SSW ist das Blickfeld jedoch frei. Polaris lässt sich für die Feinjustage ebenfalls von hier aus anpeilen.

Dominantes Sternbild ist eindeutig Orion, hoch – schon zenitnah leuchtet Auriga. In diese Region wird das Teleskop gerichtet. Ausgehend von Beta Tau stelle ich zunächst einen OS ein, bevor ich mich auf Nebelsuche begebe:

Berkley19 - OS - AUR (mag 11,4 – 15,3; 7 * 7’) GH 6,0
Nur gut ein Grad vom Einstiegsstern BetaTau entfernt gelegen ist das Einstellen spielend einfach. Schon im Sucher-Newton ist eine nebelige Aufhellung erkennbar. Das Feld weist sehr viele (sicherlich > 100) schwache Lichtfünkchen auf, vor denen einige hellere Vordergrundsterne auszumachen sind. Ganz nett anzusehen, jedoch nicht sonderlich auffällig, da die Region vor dem Band der Milchstraße insgesamt sehr sternenreich ist. Im Nachgang meine ich, dass höhere Vergrößerung sicherlich einen Versuch wert gewesen wäre, ich hatte es beim 17er (140-fach) belassen.

Zum nächsten Ziel bedarf eines fast 4 Grad Starhop, dank hellerer markanter Sternengruppen wir die Distanz schnell überwunden. Im Ziel angekommen zeigt das 26er Aufsuch-Okular gerade so ein kleines, nebeliges Objekt. Hier ist Vergrößerung gefragt:

NGC1985 - GN - AUR (mag 12,5 – 11,5; 0,7 * 0,7’) GH 6,0
Das Objekt ist relativ hell, so greife ich von 26er zum 17er, 13er, 9er bis zum 7er Oku. Hier bei 340-fach am besten. Rechts (W) im GF, nur etwa 1’ entfernt zwei Sterne übereinander, der hellere (mag11) etwas unterhalb, der schwächere (mag13) auf Höhe des Nebels, Distanz dazwischen ca. 0,5’. Mit dem 13er und UHC hatte ich versucht, ob die Wolke auf Filter reagiert – zumindest im UHC Fehlanzeige. So muss es ohne gehen. Im Nebel selbst sind Unregelmäßigkeiten zu erkennen. Zentral ein kleiner hellerer Punkt, dann ein heller Zentralbereich, grob rundlich, jedoch unten mit einer merklichen ‚Delle’, das ganze von einem kleinen Halo umfasst, der nur wenig über den Zentralbereich hinausragt. Das Ganze Objekt nicht größer als der bekannte Ringnebel in der Leier – sehr interessant.

Mit Ursus war ich bisher noch nie in Auriga unterwegs, auf GX’en fixiert ist dies auch ein wenig intessantes Sternbild, dort sind vielmehr OS und Nebel zu finden. Genau dort wird nun weitergemacht. Das nächste Ziel, gut 3 Grad östlich hat beides zu bieten:

IC410 - GN – AUR (mag ??; 55 * 30) GH 6,0
NGC1893 - OS – AUR (mag 7,5 – 12,5; 11 * 11) GH 5,8
Auf den ersten Blick ist lediglich der OC zu erkennen, für mich deutlich asymetrisch mit etwa 3 dutzend hellerer Sterne in grob ovaler Form angeordnet, mit etwa 5’ Distanz eine enge Massierung von nochmals gut ½ voll Sterne. Der OIII-Filter im 17er eingeschraubt bringt die Offenbarung: Ein andächtiges Wow! – entfährt mir. Damit habe ich nicht gerechnet. Das ganze Gesichtsfeld ist von einen schwach, aber doch merklich und voller Strukturen angereicherten Nebelgebiet angefüllt. Links (O) des Sternenhaufens ein rundliche dunkle Zone. Im Nebel auffällig zwei hellere, deutlich abgegrenzte Bereiche, auf 4h (etwas größer, kaulquappenartig mit Kopf Richtung OS) und auf halb6 (länglich, mit größter Helligkeit Richtung OS). Vom unteren Rand der Dunkelzone fast waagrecht nach rechts ein flächiger, leicht hellerer Nebelbereich. Nach oben ist der Nebel schwächer, zum Teil wolkig-durchbrochen – schwer zu beschreiben. Vom Kontrast her vergleichbar mit M33 unter einem 6.5er Himmel. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet, bin richtig begeistert! Sicherlich 15min wird die Region mit unterschiedlichen Vergrößerungen abgefahren.

Das supertolle Objekt hat meine Erwartungshaltung für den in nur etwa 1 Grad Entfernung stehenden nächsten Nebel

IC405 - GN – AUR (mag 10,0 – 17,7; 50 * 30) GH 5,8
Sehr hoch geschraubt. IC405 ist besser als Flammennebel bekannt. Beide Nebelregionen trennt neben eine Doppelreihe markant heller mag5-Sterne. Ein weiterer heller (mag6) Stern, HR1712 steht nahe am Südlichem Nebelrand. Bei diesem Objekt bin ich etwas enttäuscht, die Nebelregionen erscheinen mehr flächig, nicht so strukturiert wie bei IC410. In der Nachbereitung für mich unverständlich, ist der Nebel auf den DSS-Aufnahmen heller als IC410 und auch voller Strukturen. Vielleicht hatte ich hier Pech mit lokalen Cirren. Wird – wenn möglich – auf jeden Fall wiederholt.

Zum Seeing-Test peile ich – wie die letzten Male schon – ins Orion-Tapez. Seeing ordentlich, nur wenig überdurchschnittlich. Für die E- und F-Komponente reicht es ab dem 9 stabil und deutlich, die Komponenten A bis D sind hierbei jedoch schon etwas aufgebläht. Unvermeidlich: ich bleibe hier hängen, kann mich nicht ohne einige Minuten des Schwelgens losreißen. Z.B. M43 vor Dunkelnebeln umfasst, wie ein großes Schneckengehäuse – einfach schön. Auch die 4 oder 5 kleinen Lichtfünkchen in den Randbereichen von M42 in Richtung M43, unterhalb des Trapez haben es mir angetan.

Der Blick schweift – hmmm … immer mehr Cirren sind zu sehen. Ein hoch fliegendes Flugzeug hinterlässt quer über den gesamten Himmelsausschnitt einen deutlichen Kondensstreifen. Die Bedingungen werden schlechter. Leo steckt zum Grossteil in Dunst und Cirren, darüber ist es noch gut. So wird die Region des wenig markanten Sternbilds Luchs aufs Korn genommen.

Es braucht ein paar Minuten, bis ich 38Lyn und HR3612 eindeutig im Suchernewton identifiziert habe (in der Region stehen mehrere ähnlich helle Sterne), dann wird die erste GX des Abends angefahren:

NGC2782 - GX- Lyn (mag 11,6 – 13,9; 3,7 * 2,4’) GH 6,0
Ein interessantes Objekt, asymmetrisch! Ein rundlicher, heller, flächiger Zentralbereich, der westlich eine wenig dunklere halbkreisförmige Fortsetzung findet. Östlich in nur etwa 1’ Distanz ein etwa Mag14- Vordergrundstern, gerade so noch in dem an dieser Seite sehr zarten Halo. Westlich, hier jedoch etwa 2’ außerhalb der GX ein ähnlich ‚heller’ Vordergrundstern. Im Süden in ähnlicher Distanz zwei Mag 12 Lichtfünkchen. Beobachtet wurde im 13 und 9er (265-fach)

Auf die Region war ich aufmerksam geworden, da ich eine Karte in den Unterlagen dabei hatte, welche in im Zuge der Entdeckung der Supernova SN2006JC letzten Herbst erstellt hatte. Dieses SN steht nach des GX-Paares

NGC2798 - GX- Lyn (mag 12,3 – 13,2; 2,8 * 0,9’) GH 6,0
NGC2799 - GX- Lyn (mag 13,8 – 13,6; 1,9 * 0,5’) GH 6,0
Bei gegebenen Himmel NGC2798 sofort auffällig im 26er Oku, NGC2799 auf den 2. Blick. Ich greife gleich zu höheren Vergrößerungen, verharre dann beim 9er (265-fach) Wieder ein Wow-Objekt! NGC2798 mit sehr hellem Zentralbereich, auf den ersten Blick rundlich, bei näherem Hinsehen mit gegengleich breiten, rundlichen Ansätzen. Der länglich-ovale Halo ist sehr zart, fällt erst mit etwas Geduld auf. NGC2799 steht in unmittelbare Nähe. Ein sehr schmaler, heller, leicht gebogener Strich. Dieser weist knapp neben den Zentralbereich von NGC2798. Die Hauptachsen der GX’en weisen einen Öffnungswinkel von ca. 40 Grad auf. Für mich ist zwischen beiden GX’en ein schmaler, etwa 0,3’ Zwischenraum. Ob die GX’en interagieren? Wie von mir vermutet, bin ich eben bei http://arp.schoenball.de/ fündig geworden. Es handelt sich hier um ein ARP-Objekt (ARP283), in der Rubrik „Galaxien mit Gruppencharakter“. Super interessant, vor allem wenn man wie ich ‚per Zufall’ die Region anpeilt. Anzumerken ist noch eine kleine 4er Sternengruppe unterhalb NGC2799 in T-Form mit 3 sehr lichtschwachen (<Mag14) Komponenten.

Etwa 10 Bogenminuten Richtung 10h im GF stehen 4 Sterne in 2’ Abstand schräg (von 7h nach 1h) im Gesichtsfeld. Etwa unterhalb müsst die GX

UGC4904 - GX- Lyn (mag 15,2 (blau) – 14,5; 1,0 * 0,7’) GH 6,0
Stehen. Mit etwas Geduld schält sich ein konturloser matter Fleck aus der Dunkelheit. Indirekt zu 60% zu halten, direkt nur ansatzweise. Bei 265-fach lasse ich die GX immer wieder durchs GF laufen. Wegen der Karte weis ich, wo die Supernova sitzen müsste. Tatsächlich bilde ich mir 3 oder 4 mal ein, etwas ganz kurz aufblitzen zu sehen. Eben nachgesehen scheint die Helligkeit im Laufe der letzten 3 Monate auf unter Mag18 gefallen sein – jenseits meiner Möglichkeiten. Hier war also der Wunsch der Vater des (vermeintlich) erahnten.

Die Cirren werden immer mehr, trotz des Windes sind nur wenig Lage Änderungen erkennbar. Zurück zu HR3612, dann ein Starhop über 4 Grad führt ins nächste Zielgebiet. Nach vorne gelehnt auf der 3. Leiterstufe peile ich nach meinem nächsten Quasar

CSO199 - QSO - Lyn (mag 16,0) GH 6,0
Eine lange, leicht gebogene Sternenkette aus 7 Komponenten weist von einem Ende aus in die Zielregion. Dort bildet ein lang gestreckte, leicht verschobene Raute den Dreh- und Angelpunkt für weitere Beobachtungen. Die Sterne der Raute mit ca. 4’ maximale Ausdehnung sind sehr unterschiedlich hell, mag10.1; mag14.0; mag11.1; mag14.3. Die blassen Komponenten erkenne ich kaum im 13er, erst im 9er ist die Figur komplett. Die stumpfere Seite der Rautenspitze mit dem Mag14.3-Funken weist auf einen noch schwächeren Mag14.9-Stern. Hier brauche ich schon das 7er mit 340-fach, um diesen Stern (fast) stabil halten zu können. Puh- das wird schwierig werden. Von diesem Stern aus, ca. 5’ nach 2h sieht man ein 14.3er Stern. Dazwischen müsste der QSO stecken. Mehrfach läuft die Zielregion durchs GF, es blitzt ab und an etwas auf, jedoch nicht stabil an der gleichen Stelle. Sehe mir die Karte nochmals an: etwa 1’ neben dem QSO steht ein etwa gleich heller Vordergrundstern, aha! Das 5er Oku kommt zum Einsatz – fast jenseits der Seeing-Möglichkeiten - grrr! Geduld ist angesagt. In den nächsten 5 Minuten gibt es tatsächlich zweimal jeweils 3 bis 5 Sekunden mit ruhiger Luft, da kann ich die beiden Komponenten gesichert erhaschen. Na, das ging gerade so. Bei besserem Seeing sicherlich DEUTLICH einfacher. Mag sein, das auch feine Cirren für einen Großteil der Zeit die Grenzhelligkeit beeinträchtigt haben.
CSO ist ein Objekt meiner „High Reshift“-Liste. Mit z=1,775 errechnet sich nach heutigen Erkenntnissen eine Entfernung von 9,86 Mrd Lichtjahren. Nr. 14 der 27 Objekte sich nun gefunden – Halbzeit!

Ich bin richtig zufrieden, noch ganz fit. Nur der Himmel mag nicht mehr so recht. Was soll es! Es war doch schon viel mehr als gedacht. Ein Abschweifen auf

Saturn
kann ich mir jedoch nicht verkneifen. Es bestätigen sich die Seeing-Erfahrungen. Auf nur knapp 40 Grad Höhe ist die Luft noch unruhiger. Von den Monden ist neben Titan, Rhea, Tethys (vorlaufend) nur Dione (nachlaufend) zu erkennen. Eine Stelle ganz knapp oberhalb des Ringsystems habe ich mit einem Fragezeichen auf der Skizze notiert, dort hatte es 2 oder 3* aufgeblitzt. Die Position passt exakt mit jener von Encelade, der sonst unsichtbar geblieben war. Trotzdem ein schönes Bild, jedoch deutlich von jenem Ende Dezember entfernt.

Um 23.30h wird eingepackt und zufrieden heimgefahren.

Viele Grüße

Achim
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